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Philipp Lahm hört auf, weil er will, nicht weil er muss.

© dpa

Karriereende beim FC Bayern: Philipp Lahm lässt sich nicht einholen

Philipp Lahm hatte immer ein Gespür dafür, wann etwas zu Ende geht. Deshalb ist seine Rücktrittsankündigung nur konsequent. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Michael Rosentritt

Philipp Lahm ist ein blühender Beweis dafür, dass ein Fußballprofi nicht zwangläufig seine Sinne verspielen muss mit den vielen Jahren. Sein Entschluss, seine sportliche Karriere beim FC Bayern ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages zu beenden, nötigt Respekt ab. Es ist eine mutige Entscheidung, weil es eine ist, vor der sehr viele Sportstars Angst haben. Dass er aber danach nicht in die Geschäftsstelle wechselt und dem FC Bayern als Sportdirektor dienen möchte, ist vor allem eine kluge Entscheidung.

Es gibt gewiss schlechtere Posten als den des Sportdirektors bei einem Verein, der in acht von zehn Fällen Deutscher Meister wird. Und es gibt nicht wenige ehemalige Fußballprofis, die alles dafür auf der Stelle liegen ließen, wenn sie denn etwas liegen zu lassen hätten. Und genau das ist es, was Lahm von so vielen aus dieser Branche unterscheidet. Lahm kann loslassen.

Der 33-Jährige hat ein untrügliches Gespür dafür, wenn etwas zu Ende geht – und wenn es auch der vielleicht schönste Beruf auf Erden ist. Denn, und auch das im Unterschied zu vielen anderen, er hat eben auch einen Plan für die Zeit danach.

In Philipp Lahm verabschiedet sich der Kopf einer besonderen Generation. Zu ihr gehören Bastian Schweinsteiger (32), Lukas Podolski (31) und Per Mertesacker (32), die unmittelbar vor oder nach der EM 2004 zur Nationalmannschaft stießen, in der sie eine Dekade prägten und ihr Gesicht waren. Jeder von ihnen hat auf es auf mehr als 100 Länderspiele gebracht. Sie haben schwere Niederlagen hinnehmen müssen, aber auch das größte Ziel erreicht, den Gewinn des WM-Titels 2014.

Philipp Lahm hatte immer schon einen Plan für die Zeit danach

Ihnen eilte lange der Ruf voraus, ziemliche nette Jungs zu sein, die ganz ordentlich kicken können, aber in großen Spielen nichts reißen. Sie haben zwei WM-Halbfinals verloren, 2006 und 2010, sie haben jeweils ein EM-Finale (2008) und ein EM-Halbfinale (2012) vergeigt. Lahm und Schweinsteiger haben zwei Champions-League-Endspiele mit dem FC Bayern verloren, 2010 gegen Inter Mailand und 2012 gegen Chelsea. Aber sie haben diesen Titel dann 2013 gewonnen, wie auch ein Jahr später den WM-Pokal.

Leben um zu arbeiten? - Nein, Danke! Der Phillip machts genau richtig. Nun, mit 33 Jahren kann er mit einem breiten Grinsen auf der Terrasse sitzen und den Vögeln zuschauen. Wer würde das nicht genauso machen?

schreibt NutzerIn sct

Für Lahm war das der Zeitpunkt, aus der Nationalelf zurückzutreten. Lahm war damals 30 und auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Aber schon ein Jahr zuvor, nach dem Gewinn der Champions League, hatte er für sich den Entschluss gefasst, aus der Nationalmannschaft nach der WM 2014 zurückzutreten – er hatte es sogar unabhängig vom Titelgewinn gemacht.

Lahm hat einmal über diese Entscheidung gesprochen. Er wolle sich vom Leistungssport nicht treiben lassen, er möchte vielmehr Entscheidungen treffen, bevor sie einen einholen. Lahm hat beide Mal einen guten Zeitpunkt getroffen, wie es nur wenige Sportstars schaffen. Es fällt eben schwer loszulassen von seiner großen Leidenschaft, von dem, was aus einem etwas Besonderes macht und Bewunderung einbringt, etwas, was man so viel besser kann als alles andere.

Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger haben diesen Zeitpunkt verfehlt. Beide schleppten sich noch zur EM 2016 und mussten hernach förmlich hinausgelobt werden aus dem Nationalteam. Auf Klubebene versuchen sie heute noch, irgendwie ihr Karriereende hinauszuzögern, der eine in Istanbul, der andere auf der Ersatzbank in Manchester.

Philipp Lahm wird seine Entscheidung nicht bereuen, nicht morgen und nicht in einem Jahr. Es muss ja kein Leben ohne Fußball werden, aber es könnte.

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