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Technisch perfekt. Thomas Haas kann wie kaum ein anderer Profi mit dem Tennisschläger umgehen. Zum ganz großen Erfolg bei einem Grand-Slam-Turnier hat es in seiner langen Karriere aber dennoch nie gereicht. Foto: dapd

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Karriereende nicht in Sicht: Thomas Haas: Zuhause auf dem Platz

Thomas Haas hat auch im Alter von 34 Jahren immer noch Lust auf Tennis – bei den US Open will er die Jüngeren wieder ärgern.

Es ist heiß in Flushing Meadows, die Sonne brennt gnadenlos auf die Trainingsplätze hinunter, wo Thomas Haas seine Einheit absolviert. Das erste Hemd hat er schon durchgeschwitzt, er wechselt es. Ein Blick auf seinen gestählten, perfekt definierten Oberkörper offenbart einen der Gründe, warum Haas mit seinen 34 Jahren immer noch zum Kreis der gefährlichsten Spieler auf der Tour zählt. Galt er früher als lässiger Sunnyboy, so ist Haas längst zu einem der härtesten Arbeiter geworden. Akribisch verbessert er täglich seine Fitness, hat seine Ernährung umgestellt und trainiert mittlerweile kürzer, aber intensiver. Qualität statt Quantität. Auch an diesem Tag, als er wieder mit seinem Coach Christian Groh auf dem Platz steht. Oft geht es laut und hitzig zwischen den beiden zu, und es ist ein weiterer Beleg für Haas’ Erfolgsformel: Er ist nach wie vor hungrig, bereit, dem Tennis alles unterzuordnen und sich bedingungslos dafür zu quälen. Haas hat noch das Feuer eines Spielers von Mitte 20, und das macht ihn auch bei den US Open zu einem, der die Konkurrenten kräftig ärgern kann.

„Alter ist doch nur eine Zahl“, sagt Haas, „wenn man hart arbeitet und an sich glaubt, dann ist noch vieles möglich.“ Vor etwas mehr als einem Jahr noch, da gehörte jedoch eine ordentliche Portion von jener Zuversicht dazu, denn Haas war nach insgesamt drei Schulter- und einer Hüftoperation nur noch die Nummer 896 der Rangliste. Doch Haas legte ein sensationelles Comeback hin: Es begann im Frühjahr mit dem Halbfinale in München, fünf Siegen bei den French Open, führte zum Titel in Halle mit dem Triumph über Roger Federer bis zu den Finals in Hamburg und Washington. Sein Mentor Nick Bollettieri, in dessen Akademie in Florida von klein auf der Grundstock für seine außergewöhnlich gute Technik gelegt wurde, hält Haas für den „besten Spieler ohne Grand-Slam-Titel“.

An Talent hatte es Haas nie gemangelt. Vier Mal erreichte er das Halbfinale bei einem der wichtigsten Turniere. Aber vielleicht waren es die unzähligen Verletzungen, die ihn daran hinderten, je einen der vier größten Titel auch zu gewinnen. Oder es lag an der falschen Einstellung in seinen ungestümen, jungen Jahren. Doch auch wenn sich der größte Traum wohl nicht mehr erfüllen wird, ist Haas’ Ehrgeiz ungebrochen und das Karriereende auf unbestimmte Zeit verschoben. „Ich bin einfach froh, überhaupt noch zu spielen“, sagte Haas, „aber mein Tennisalter ist durch die Verletzungen höchstens 29.“ Dass seine anderthalbjährige Tochter Valentina ihn noch bewusst spielen sehen soll, damit ist es Haas wirklich ernst. Und inzwischen scheint es nicht mehr unvorstellbar, dass er in drei Jahren immer noch professionell Tennis spielt. Seine Familie gibt ihm den nötigen Halt, und er kann befreit aufspielen und bewusst jedes Match genießen.

Von den Fans wird Haas weiterhin besonders gemocht, ein wenig zum Leidwesen der übrigen deutschen Spieler, denen der Oldie klar den Rang abläuft. „Tommy hat ein ganz anderes Auftreten und sich die Aufmerksamkeit durch seine Erfolge verdient“, sagt Florian Mayer und meint es ehrlich. Doch der bittere Beigeschmack bleibt, denn Mayer rangiert als Nummer 23 nur einen Platz hinter Haas und stand im Viertelfinale von Wimbledon. Die Schlagzeilen aber bestimmt nur einer. Und Haas genießt die späte Anerkennung nach 16 aufreibenden Jahren als Profi, mit Höhen und etlichen Tiefen. Den Frust über seine Nichtnominierung für Olympia hat er inzwischen verdaut, die Vorfreude auf sein „Heimspiel“ bei den US Open ist größer denn je. Längst sieht er sich als „halber Amerikaner“, lebt die meiste Zeit in Los Angeles, und auch in den USA hatte man Haas schon ein wenig adoptiert, noch bevor er die amerikanische Staatsbürgerschaft als zweite annahm. „Ich fühle mich hier wie zu Hause“, sagt Haas. In seinem Erstrundenmatch trifft Haas auf den Letten Ernests Gulbis – eine lösbare Aufgabe. Es könnte also weitergehen mit dem fabelhaften Höhenflug des Thomas Haas.

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