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Hölzl Riesch

© dpa

Kathrin Hölzl siegt im Riesenslalom: Eine deutsche Weltmeisterin - im Skifahren!

Noch nie hat Kathrin Hölzl einen Weltcup gewonnen, meist scheiterte sie an ihren Nerven. Jetzt ist sie Weltmeisterin

Als die Sensation perfekt war, gab es kein Halten mehr. Maria Riesch stürmte auf die neue Weltmeisterin zu, warf sich auf Kathrin Hölzl und kugelte mit ihr vor lauter Glück im Schnee. Dann trug sie ihre Freundin, mit der sie bei den Weltcups das Zimmer teilt, auf Schultern durchs Zielgelände, die neue Königin des Riesenslaloms, Freudentränen flossen. Eine Weltmeisterin aus Deutschland – im Skifahren!

Sieben lange Jahre, 52 Rennen, hatte der Deutsche Skiverband (DSV) auf eine Einzelmedaille bei einem Großereignis gewartet, acht Jahre lang sogar bei Weltmeisterschaften. „Das ist der Hammer“, sagte DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier, „es kann sich keiner vorstellen, was das für eine Erlösung für uns ist.“ Hölzl, die Tina Maze (Slowenien/Silber) und Tanja Poutiainen (Finnland/Bronze) auf Distanz hielt, war im Moment ihres größten Triumphes noch ein wenig durcheinander: „Es ist so toll, dass ich mein erstes Weltcup-Rennen gleich bei einer Weltmeisterschaft gewinne.“

Nach dem ersten Durchgang in Val d’Isere lauerte die 24-Jährige aus Bischofswiesen auf Platz vier, gleich hinter der jüngeren Teamkollegin Viktoria Rebensburg (19) aus Kreuth, die nach fulminantem erstem Lauf als Halbzeit-Dritte ihre Medaillenchancen später vergab und sich schließlich mit Rang neun begnügen musste. Maria Riesch fuhr das Rennen nach schwerem Fehler nur noch ehrenhalber zu Ende. Für sie ist diese WM bislang eine Enttäuschung.

Hölzl, früher unter Druck oft gescheitert, beherrschte diesmal ihre Nerven. Schon nach dem ersten Lauf erzählte sie von erstaunlicher Gelassenheit: „Ich habe mir gedacht: Es ist ja nur ein Skirennen. Mach’ dich nicht verrückt, fahr einfach drauflos.“ Mit dieser Einstellung fand sie auch im Finale den richtigen Weg zur Führung und durfte dann genüsslich verfolgen, wie ihr die Konkurrenz hinterherfuhr. Erst Rebensburg, dann die Finnin Tanja Poutiainen, da war Silber schon sicher, schließlich scheiterte auch die österreichische Favoritin Kathrin Zettel an Hölzls Bestzeit. „Jeder macht auf dieser Strecke Fehler“, sagte die Deutsche, ihr selbst unterliefen die wenigsten. „Ich Ziel habe ich noch gedacht, das könnte zur Medaille reichen“, dass sie am Ende gleich als Weltmeisterin gekürt werden könnte, „hätte ich nie gedacht.“ In den Geschichtsbüchern wird Hölzl nun als Erbin von Maria Epple geführt, die als letzte Deutsche 1978 in Garmisch-Partenkirchen Gold im Riesenslalom gewann.

Kathrin Hölzl galt stets als größtes deutsches Talent.Was ihre Skitechnik betreffe, sagte Damen-Cheftrainer Mathias Berthold, gibt es „nicht viele Rennfahrerinnen, die mit der Kathi mithalten können“. Nur an der mentalen Torstange kam sie oft nicht vorbei. Was im Training und bei unterklassigen Rennen klappte, war im Ernstfall mit einem Mal verflogen. Hölzl sprach selbst von einer „Weltcup-Phobie“. Für ihre Trainer schien der ganz große Durchbruch nur eine Frage der Zeit. Mit Platz drei vor wenigen Wochen in Maribor schaffte Hölzl immerhin den zweiten Podestplatz der Karriere. Inzwischen hat sie auch den lange belastenden privaten Schicksalsschlag überwunden. Im vergangenen Winter starb Hölzls Vater Sebastian, mit dem sie ein inniges Verhältnis hatte, an Krebs, die Tochter hatte an diesem tragischen Ereignis lange zu leiden. Schwer zu erraten, wem sie ihre Goldmedaille widmet.

Eine Goldmedaille wie ein Segen. Wolfgang Maier hat nicht vergessen, „wie in den letzten Jahren auf die Alpinen draufgehauen wurde.“ Dank Hölzl löst sich nun der ganze Druck. Das WM-Ziel des Deutschen Skiverbandes ist erreicht, was auch auf Maria Riesch und Felix Neureuther in den Slaloms am Wochenende befreiende Wirkung haben könnte. Wolfgang Maier sagte: „Wir stellen einen Weltmeister. Was soll uns jetzt noch belasten?“

Jörg Köhle[Val d’Isere]

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