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Sport: Kein Rennen für Helden

Die Radrennen zeigen die Probleme der Sportart

Berlin - Vielleicht wird es ja so dramatisch wie 1960. 45 Grad heiß war es in Rom, und der Asphalt verschwamm vor den Augen der Radfahrer. Dennoch hatten sich zwei von ihnen abgesetzt und quälten sich einsam über den Rundkurs. Dann zog der Russe Viktor Kapitanow kurz vor dem Ziel den Sprint an. Dachte er. Denn es war erst die vorletzte Runde, Kapitanow hatte in der Hitze den Überblick verloren. Der Italiener Livio Trapé nutzte den Kraftverlust Kapitanows und setzte sich ab. Doch der Russe gab nicht auf. Das Feld im Nacken und Trapé vor sich, kämpfte er sich Meter um Meter wieder heran. Und gewann das wohl dramatischste Straßenrennen bei Olympia mit einer Reifenbreite Vorsprung.

An diesem Samstag, im olympischen Straßenrennen der Männer, werden die Bedingungen ähnlich hart sein. Die 245 Kilometer lange Strecke ist eine der schwersten, die je im olympischen Programm waren, die abschließenden sieben Runden haben auch noch einen schweren Anstieg. „Das Klima ist extrem. In meinen schlimmsten Albträumen hatte ich es so befürchtet“, sagt Stefan Schumacher. Der zweimalige Etappensieger und Träger des Gelben Trikots der Tour de France ist die deutsche Medaillenhoffnung im Straßenrennen und vor allem im Zeitfahren, für eine neue Heldengeschichte taugt er aber nicht. Das liegt vor allem daran, dass man anders als 1960 heute genau wissen will, wodurch die Sportler ihre Leistungen erreichen, und Schumacher wegen seiner Tablettenaffäre 2005, auffälligen Blutwerten kurz vor der WM 2007 und Amphetamin im Blut nach einem Autounfall nicht ganz unverdächtig ist. Konkret liegt aber nichts gegen ihn vor, und die ganze Unübersichtlichkeit im Radsport illustriert, dass der Bund Deutscher Radfahrer Schumacher nominierte, Andreas Klöden jedoch nicht. Der fährt zwar für das verdächtige Team Astana, positiv getestet wurde er aber nicht. Klöden hätte auf der harten Strecke sicher größere Chancen gehabt als der an seiner Stelle nominierte junge Sprinter Gerald Ciolek.

Zwei Wochen nach dem Ende der Tour de France liegt nun wohl noch ein weiterer Dopingfall vor, der Name des fünften Sünders ist noch nicht bekannt. Was sollte da in Peking eigentlich anders sein? Sicher, es wird streng kontrolliert, der Tour-Gewinner Carlos Sastre und Favorit Alejandro Valverde etwa mussten in den vergangenen Tagen zweimal Blut- und Urinproben abgeben. Das sind allerdings die großen Stars bei den Männern.

Wie allgegenwärtig die Zweifel sind, zeigt eine kleine Geschichte von den bisher wenig mit Doping belasteten Radfahrerinnen. Wer zu den guten Athleten mit dem Mountainbike gehört, ist in der Regel 30 oder etwas älter. Denn hier ist Erfahrung sehr wichtig. Umso mehr war die Konkurrenz verwundert, als im vergangenen Jahr plötzlich drei junge Chinesinnen im Weltcup der Mountainbikerinnen auftauchten und vorne mitfuhren.

Die drei waren erst 21, 22 und 25 Jahre alt und fuhren vor allem dann vorneweg, wenn die Strecke asphaltiert und bei Anstiegen Ausdauer gefragt war. Wurde es technisch anspruchsvoller und waren mehr Steuerungskünste gefragt, konnten sie nicht mehr so gut mithalten. „China war in Radsportdisziplinen noch nie stark. Plötzlich kommen diese Chinesinnen und gewinnen die Rennen. Alle in der Szene sind überrascht“, sagte Achim Schmidt, der Dopingexperte der ARD.

Es überrascht schon ein bisschen, dass sich ein Experte davon überraschen lässt.

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