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Sport: Kein Tor und viel mehr

Außenseiter Trinidad & Tobago erkämpft sich mit zehn Mann einen verdienten Punkt – Schweden vergibt die Chancen gleich reihenweise

Als alles vorbei ist, geht Leo Beenhakker zu Zlatan Ibrahimovic und flüstert ihm ein paar Worte ins Ohr. Was der Trainer von Trinidad & Tobago dem schwedischen Stürmer da erzählt hat, bleibt für die Öffentlichkeit geheim. Vielleicht hat er sich bedankt für die vielen Chancen, die Ibrahimovic und seine Kollegen vergeben haben, vielleicht wollte er sich auch nur Glückwünsche abholen für das gelungene Debüt des WM-Neulings. Die Trinidader erstritten in ihrem Auftaktspiel der Gruppe B ein höchst achtbares 0:0. Trotz der fehlenden Tore war es ein unterhaltsames Spiel mit einem überragenden Dwight Yorke, der auf der international eher selten vergebenen Position als freier Mann zwischen zwei Viererketten brillierte. 63 000 Zuschauer im Dortmunder WM-Stadion applaudierten dem größten Außenseiter der WM – und das, obwohl die überwiegende Mehrheit des Publikums aus Schweden angereist war.

Zusätzliche Aufwertung erfährt der Punktgewinn dadurch, dass T & T in der zweiten Halbzeit 44 Minuten lang in Unterzahl spielte. Avery John hatte mit einer Grätsche an der Strafraumgrenze ein wenig den Ball und sehr viel vom Schienbein Christian Wilhelmssons getroffen. Da ihm dieses Missgeschick in der ersten Halbzeit schon einmal widerfahren war, musste der Verteidiger nach der zweiten Gelben Karte seine Mitarbeit einstellen. Es war der erste Platzverweis der WM.

Seltsamerweise entwickelte sich das Spiel in eine kaum für möglich gehaltene Richtung. Nicht die dezimierten Trinidader wurden müde, sondern die Schweden. Vielleicht waren sie auch verwirrt, weil Beenhakker einen Stürmer einwechselte, Glen Cornell vom US-Team Los Angeles Galaxy. „Da habt ihr gestaunt, was“, sagte Beenhakker bei seinem Auftritt vor der internationalen Presse. Ein gelungenes Manöver: Weil der zuvor so zurückhaltende Außenseiter auf einmal mehr Personal in der Offensive konzentrierte, verzichteten die Schweden auf einen bedingungslosen Sturmlauf, um hinten nicht allzu anfällig für Konter zu werden. In Gestalt Cornells war T & T sogar dicht dran am Sieg. Nach einer Stunde drosch der Stürmer den Ball vom rechten Strafraumeck an die Oberkante der Latte.

Beenhakker gab sich keine Mühe, seine Genugtuung zu verbergen. „In den letzten Wochen habe ich so oft gelesen, dass meine Mannschaft hier gar nicht erst antreten muss, weil wir so oder so keine Chance haben“, sagte der Holländer. „Aber wir reden hier über Fußball, und nicht über Mathematik. Alles ist möglich", auch wenn die Voraussetzungen noch kurz vor dem Spiel denkbar schlecht waren. Beim Aufwärmen hatte sich Torhüter Kelvin Jack mit einer Wadenverletzung abgemeldet. Ersatzmann Shaka Hislop flog gleich an der ersten Flanke vorbei, doch danach steigerte sich der Mann von West Ham United zu einer großartigen Leistung. Mehrfach rettete Hislop gegen die frei vor ihm auftauchenden Schweden, vor allem Zlatan Ibrahimovic und Marcus Allbäck taten sich hervor beim Vergeben bester Chancen.

Trotz der zum Teil erdrückenden Überlegenheit fehlte das Entscheidende im schwedischen Team: die Ruhe und das Selbstvertrauen, eine dezimierte und technisch limitierte Mannschaft erst müde und dann k.o. zu spielen. Ibrahimovics Kunststückchen, das Herumspringen auf dem Ball und Streicheln mit der Sohle, lassen ihren Interpreten immer dann arrogant wirken, wenn sie nicht klappen. Vielleicht war es auch ein Problem der Kraft. Frederik Ljungberg gewann kaum noch ein Laufduell,, Henrik Larsson sah für ein Frustfoul kurz vor Schluss Gelb.

„Gebt uns nicht die Schuld daran, dass sie keine Tore geschossen haben", spottete Beenhakker und verwies auf die prominent besetzte schwedische Offensive mit Spielern der Topklubs Arsenal, Barcelona und Juventus Turin. Trinidad & Tobago setzte dagegen eine Abwehrreihe, deren Alltag in Los Angeles, Gillingham und Jabloteh spielt. „In Jabloteh, versteht ihr“, sagte Beenhakker, „bestimmt hat niemand hier eine Ahnung davon, wo das liegt.“ Zur Aufklärung: Der San Juan Jabloteh Sports Club ist geschätztes Mitglied der Trinidad & Tobago Premier League. Aber das hat am Samstagabend in Dortmund keinen mehr interessiert.

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