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Sport: Keine Ahnung, was jetzt kommt

BERLIN ."Offenbar kann sich keiner vorstellen, daß jemand seinen Job aufgibt, ohne schon was Neues in der Hinterhand zu haben.

BERLIN ."Offenbar kann sich keiner vorstellen, daß jemand seinen Job aufgibt, ohne schon was Neues in der Hinterhand zu haben." Marco Baldi scheint die Welt nicht zu verstehen - soviel Aufhebens um seine Person.Sie kommt aber nicht von ungefähr.Seit acht Jahren ist der Diplom-Betriebswirt Manager von Alba Berlin beziehungsweise dessen Vorgänger BG Charlottenburg, hat aus einem am Rande des Ruins stehenden Basketball-Klub einen Deutschen Meister, Europacupsieger und solide wirtschaftenden, etablierten Europaligisten mit einem Jahresetat von 10 Millionen DM gemacht.Der 36jährige wird jetzt sehr unwillig den Kopf schütteln und darauf beharren, daß viele Menschen mit ihrer Arbeit diesen Erfolg ermöglicht haben.Das ist richtig und doch wieder nicht.Baldi hat bei Null angefangen.Ohne ihn, das sagt buchstäblich jeder, wäre der Basket-Ball in Berlin nicht so ins Rollen gekommen.Nun übergibt er völlig unerwartet den Posten nach einer Einarbeitungsphase an Robert Mayer vom MTV Gießen.

Baldi wird in den Vorstand des Vereins wechseln und nach dem Wunsch des Präsidenten Dieter Hauert weiterhin das Gesicht der Mannschaft bestimmen."Der Aufbau des Teams und der Abschluß von Verträgen mit den Spielern bleiben sein Gebiet", sagt Hauert, der Verständnis für Baldis Ausstieg hat: "Jeder Mensch, der intelligent genug ist, Manager eines solchen Vereins zu sein, ist auch intelligent genug, sich irgendwann wichtigeren Dingen zuzuwenden.Marco ist ja nicht von Beruf Manager eines Sportvereins." Marco Baldi ist auch nicht der moderne Vertreter der Gattung Manager, der jederzeit über zwei Handys erreichbar ist, einen nie versiegenden Geltungsbedarf hat und sich für unverzichtbar halten würde.

Albas Vizepräsident Gerd-Ulrich Schmidt, der ihn einst davon überzeugte, einen gutdotierten Job bei einem schwäbischen High-Tech-Unternehmen aufzugeben und das Abenteuer Berlin anzugehen, erzählt schmunzelnd, daß Baldi bis heute gar nicht mit Handys umgehen könne.Dafür habe er "in den letzten Jahren wie ein Hund geackert" und sich schon seit langem eine Entlastung gewünscht.Und das liebe Geld? Wie will er jetzt sein Leben finanzieren? Geld, sagt Baldi, war für ihn nie entscheidend, etwas zu tun oder zu lassen.So ist er gekommen, so geht er.Marco Baldi lebt ein Leben ohne große Belastungen, ohne Sportwagen mit Schiebedach, ohne Luxus-Apartment in teuerster Lage.Ein Weilchen kann man bescheiden auch vom Ersparten leben."Ich habe keine Ahnung, was jetzt kommt, ob ich die Panik kriege oder die Ideen nur so überlaufen", sagt Baldi, "ich bin sehr gespannt."

Vielleicht gibt es irgendwann ja bezahlte Präsidenten in der Liga, hofft Dieter Hauert vorausblickend.Vielleicht wird Marco Baldi dieser Mann sein.Vielleicht wird er auch etwas ganz anderes beginnen.Sorgen muß er sich keine machen.Nach dem, was er bisher bei Alba Berlin geleistet hat, stehen Baldi viele Türen offen.

DIETMAR WENCK

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