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Auge zu und raus. Jefferson Farfan kann nicht fassen, dass seine Schalker im Pokal an Mainz gescheitert sind. Foto: Reuters

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Sport: Keine Erlösung nach Stevens

Schalke spielt auch unter Neu-Trainer Jens Keller enttäuschend. In der Winterpause wartet viel Arbeit.

Die Wasserhähne hatte Thomas Tuchel allesamt aufgedreht. Der Trainer von Mainz 05 kauerte in der Umkleidekabine in den Katakomben der Schalker Arena und wünschte nichts sehnlicher als den Abpfiff. Er wollte nichts von der Atmosphäre im Stadion mitbekommen. Die Spannung war für ihn schier unerträglich. Tuchel war kurz zuvor, in der 66. Minute, nach einer Rangelei mit Schalkes Jermaine Jones, am Spielfeldrand von Schiedsrichter Marco Fritz auf die Tribüne verwiesen worden. Dort wollte der Trainer das Spiel aber nicht weiterverfolgen, weil er Angst vor Übergriffen der Schalker Anhänger hatte. So flüchtete er sich in die Kabine. Bis auf das rauschende Wasser war dann auch nichts zu hören. Dann allerdings ging die Tür auf, ein Betreuer kam kurz vor Abpfiff der Partie auf ihn zu und merkte völlig unaufgeregt an: „Da passiert nichts mehr.“ Die Prognose sollte stimmen, Tuchels Aufregung war umsonst. Mainz 05 zog mit einem verdienten 2:1 beim FC Schalke 04 in das Viertelfinale des DFB-Pokals ein und hinterließ beim Gegner vor allem eines: Ratlosigkeit.

Die Schalker hatten ihre gesamten Überlegungen der Vortage auf diese Begegnung ausgerichtet. Die Entlassung von Huub Stevens und nachfolgende Inthronisierung Jens Kellers sollte für die Spieler eine Erlösung sein. Die Schalker Verantwortlichen hatten viel riskiert – und am Ende alles verspielt. Der Auftritt ihrer Mannschaft ähnelte in den längsten Phasen den desillusionierenden Darbietungen der vorangegangenen Begegnungen unter Stevens. Und die Reaktionen der Verantwortlichen waren zumindest überraschend.

Der emotional sichtlich angeschlagene Manager Horst Heldt hatte „selbstverständlich einen positiven Effekt gesehen“. Er bat aber darum, diese Erkenntnisse nicht näher benennen zu müssen, um nicht einen Vergleich zwischen Stevens und Keller zu ziehen. Oder weil es schlicht keinen gab? Der gefasste, beinahe gleichgültig wirkende Keller hatte auf die Entstehung des 1:2 angesprochen, „gehört, dass wir geschlafen haben“. Er müsse sich die Szene noch einmal auf DVD anschauen und „werde das dann im neuen Jahr mit der Mannschaft aufarbeiten“. Sowohl den Verantwortlichen als auch den Spielern fehlte die Klarheit in ihren Aktionen.

Die Schalker müssen nun bis Mitte Januar die Bürde einer Vorrunde mit sich schleppen, in der sie nach sehr gutem Start ein Saisonziel bereits verspielt haben und in der Bundesliga hinter ihren eigenen Erwartungen hinterherlaufen. Einzig in der Champions League haben sie mit dem Erreichen des Achtelfinales ihre eigenen Vorgaben erreicht. Auf dem Spielermarkt werden sie in der neuen Transferperiode kaum tätig werden können. Bereits vor der Saison, als sie mit dem Millionen-Einnahmen aus der Champions League rechnen konnten, hatten sie keine Käufe getätigt und ihren Konsolidierungskurs in den Vordergrund gestellt. Und auch der erste Auftritt des unerfahrenen Jens Keller, der mit seiner sehr sachlichen Art nicht gerade Aufbruchstimmung ausstrahlte, dürfte den Zweiflern an der Besetzung des Trainerpostens neue Nahrung geben. Die Schalker werden nach den Festtagen ihr Trainingslager im sonnigen Katar abhalten und sich dort beinahe unbeobachtet auf die Rückrunde vorbereiten können. Die vielen Fragen, die sie in der Hinrunde aufgeworfen haben, werden sie bis dahin aber kaum beantworten können – nicht einmal sich selbst.

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