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Niki Lauda, 66, ist Aufsichtsratsvorsitzender beim Team von Mercedes. Als Fahrer war er drei Mal Formel-1-Weltmeister, später arbeitete er als Kommentator fürs Fernsehen.

© dpa

Keine Formel 1 in Deutschland?: Niki Lauda: „Die Veranstalter sind selbst schuld“

Niki Lauda spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über einen möglichen deutschen Grand Prix, die strukturellen Probleme in der Formel 1 und das Verhältnis zwischen armen und reichen Teams.

Herr Lauda, inmitten allgemeiner Krisenstimmung, wie optimistisch blicken Sie auf die neue Formel-1-Saison 2015?
Ich gehe davon aus, dass wir einer Saison entgegensehen, die sich von der vergangenen schon dadurch unterscheidet, dass die Autos lauter geworden sind. Die Kräfteverhältnisse werden sich wie in jedem neuen Jahr verändern, und deswegen sollte man sich erst einmal anschauen, wie sich die Saison entwickelt, bevor man wieder Unkenrufe startet.

Glauben Sie wirklich, dass sich an den Kräfteverhältnissen Entscheidendes ändert? Im Moment sieht es doch eher wieder nach einer ziemlich deutlichen Mercedes-Überlegenheit aus.
Klar, Mercedes ist allein durch die Dominanz im Vorjahr wieder der Favorit. Aber wenn einer erst einmal vormacht, wie schnell man mit solchen Autos wirklich fahren kann, dann hat auch die Konkurrenz ein Ziel. Das heißt, die anderen rüsten nach, und deswegen glaube ich, dass Ferrari, Red Bull oder Williams näher dran sein werden.

Ist die grundsätzliche Frage, mit der sich die Formel 1 konfrontiert sieht, auch ein Generationenproblem? Sprich, die nicht mehr so große Affinität zum Auto bei vielen jüngeren Fahrern?
Dass es solche gesellschaftlichen Veränderungen auf der Welt gibt, ist klar. Für die Formel 1 ist dabei wichtig, anständigen Motorsport zu bieten. Dann muss man eben sehen, wie viele Leute sich anständigen Motorsport anschauen wollen.

Was wären denn Ihre Traumkomponenten für „anständigen Motorsport“? Wie sähe Ihre ideale Formel 1 der Zukunft aus?
Noch einmal: Diese Entwicklung, dass weniger Leute zuschauen, liegt nicht nur an der Formel 1. Klar ist auch einiges an der Faszination, der Aura, die die Formel 1 umgibt, zurückgedrängt worden durch ständige Einmischung von Kontrolleuren und ihre Überregulierung. Das ist in den letzten Jahren zu wichtig geworden. Da muss die Formel 1 wieder ein paar Schritte zurück machen. Deshalb gibt es ja die Entscheidung, dass man ab 2017 neue, aggressiver aussehende, schnellere Autos haben will, mit breiten Reifen und mehr Flügel. Damit soll sich die Attraktivität der Formel 1 wieder steigern. Daran wird gearbeitet, und die Details werden sicher bald entschieden sein, damit es dann 2017 auch wirklich so weit ist. Das heißt aber nicht, dass die Formel 1 von jetzt bis 2017 schlecht ist.

Gehören zu dieser neuen Formel 1 dann auch die 1000-PS-Motoren, die ja zum Beispiel auch Bernie Ecclestone lautstark gefordert hat?
Diese 1000 PS, von denen immer so als Fixpunkt geredet wird, die brauchen wir meiner Meinung nach überhaupt nicht, weil die Formel-1-Autos doch sowieso immer schneller werden, was ja auch ganz normal ist. Schließlich sind die Autos letztes Jahr das erste Mal mit den neuen Motoren gefahren. Da ist es doch logisch, dass die Entwicklung relativ schnell weitergeht und sowieso einige PS mehr dazukommen.

Niki Lauda über die Probleme der Formel 1 und einen möglichen deutschen Grand Prix

Niki Lauda, 66, ist Aufsichtsratsvorsitzender beim Team von Mercedes. Als Fahrer war er drei Mal Formel-1-Weltmeister, später arbeitete er als Kommentator fürs Fernsehen.
Niki Lauda, 66, ist Aufsichtsratsvorsitzender beim Team von Mercedes. Als Fahrer war er drei Mal Formel-1-Weltmeister, später arbeitete er als Kommentator fürs Fernsehen.

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Liegt ein Problem der Formel 1 auch darin, dass es zu wenig echte Fahrerpersönlichkeiten gibt und dass die Piloten immer jünger werden?
Das spielt sicher eine Rolle, ist aber auch ein Teil einer Entwicklung, die man nicht wirklich aufhalten kann. Wenn, dann geht nur eines, und das ist auch mein Anliegen. Die Formel-1-Autos sollten wieder schwieriger zu beherrschen sein. Heute kann fast jeder Formel 1 fahren, weil die Autos in der derzeitigen Formel relativ einfach zu fahren sind. Wenn man die Autos für 2017 verändert, dann muss man darauf achten, dass das Limit wieder höher und schmaler wird. Wenn das Limit dann abreißt, dann muss das abrupt passieren, nicht allmählich. Dann trennt sich ganz automatisch auch wieder schneller die Spreu vom Weizen in den Fahrerqualitäten, je nachdem, wer sich dann eben länger und besser ganz am Limit bewegen kann.

Womit dann Sprünge aus unteren Nachwuchsklassen direkt in die Formel 1 nicht mehr so einfach möglich würden?
Richtig, ganz genau.

Braucht die Formel 1 auch einfach wieder ein bisschen mehr Risiko, um an Attraktivität zurückzugewinnen?
Dass über die Jahre an der Sicherheit gearbeitet wurde, ist der richtige Weg. Natürlich sehen dadurch manche Kurven nicht mehr so spektakulär aus. Aber Sicherheit hat absolute Priorität. Trotzdem: Jeder, der glaubt, die Formel 1 sei sicher, macht einen Riesenfehler. Man muss sich nur den Bianchi-Unfall vom letzten Jahr anschauen. Da hat man gesehen, wie schnell es gehen kann. Wenn 20 Leute mit 300 km/h gegeneinander fahren, dann ist das Risiko immer da.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die Unausgeglichenheit zwischen kleinen und großen Teams und die massiven Finanzprobleme der Kleineren. Wie könnte man das Problem Ihrer Meinung nach lösen?
Das kann man nicht. Trotzdem sind in Australien wieder 20 Autos am Start. Dieses Arm und Reich hat es schon immer gegeben – in jedem Sport. Man kann auch nicht alles nivellieren. Aber schauen wir doch erst mal, wie sich die Formel 1 über das Jahr entwickelt. Ich bin überzeugt, es wird sehr interessant.

Trotzdem – es besteht zum Beispiel auch die Gefahr, dass es in diesem Jahr keinen deutschen Grand Prix geben wird. Gibt es da aus Ihrer Sicht eigentlich noch Hoffnung?

Hoffnung gibt es schon. Und natürlich wäre es schade, wenn in diesem Jahr kein Grand Prix in Deutschland stattfinden könnte. Aber man muss in dem Fall auch sagen: Wenn der Veranstalter nicht in der Lage ist, ein Rennen auf die Beine zu stellen, dann ist das nicht die Schuld von Bernie Ecclestone. Dieses Jahr wäre der Nürburgring dran gewesen, aber der ist leider in Konkurs gegangen. Da kann niemand anderes etwas dafür. Es liegt an den Veranstaltern – die müssen aus dem ganzen Wochenende einen Event machen. Wie in Österreich, in Silverstone, in Spa, in Melbourne. Da funktioniert es ja auch.

Das Gespräch führte Karin Sturm.

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