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Sport: Keiner schießt das Tor

Der Fernsehstreit im Fußball eskaliert: Die Bundesliga wendet sich von Sat1 ab, die ARD will nicht einspringen

Berlin. Michael Meier hat keine gute Laune. Der Manager von Borussia Dortmund musste am Freitagmorgen wieder einmal in der Zeitung lesen, wie schlecht es der Fußball-Bundesliga geht. Der Fernsehsender Sat1 will nicht mehr so viel Geld für die Übertragungsrechte bezahlen wie bisher, die ARD verspürt wenig Lust, ersatzweise einzuspringen, und Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß schimpfte aus dem Trainingslager auf Marbella über die Deutsche Fußball-Liga, die die Bundesliga nicht gut vermarkten könne. „Die Liga wird schlecht geredet“, sagte Meier nach seiner Zeitungslektüre dem Tagesspiegel. „Und schuld daran ist unser Partner Sat1, der durch Spekulationen die Preise drücken will.“ Harte Worte für einen wie Meier, der sonst eher durch Zurückhaltung auffällt.

Die deutschen Fußball-Vereine sind nervös. Die täglichen Berichte darüber, dass Sat1 nicht mehr 80 Millionen Euro pro Saison zahlen will, sondern ab 2004 nur noch 50 Millionen Euro. Das Problem der Liga ist dabei allerdings: Kein anderer Sender will mitbieten, Sat1 kann faktisch den Preis diktieren. Weil das so ist, fürchten die Vereine um ihre Einnahmen. Und suchen nun die Schuld bei dem Fernsehsender. „Wenn Sat1 sich öffentlich über den teuren Fußball beschwert, dann müssen wir den Sender jetzt hart angreifen“, sagt Meier. Herthas Manager Dieter Hoeneß sieht das ähnlich. „Fußball ist eine Ware von hoher Werthaltigkeit“, sagt Hoeneß. „Diese Ware darf man nicht kaputtreden oder verramschen.“

In der Liga wachsen die Zweifel, ob Sat1 noch der richtige Partner der Fußballer ist. „Wer in Zukunft mit uns zusammenarbeiten will, tut sich mit diesem Gerede keinen Gefallen“, sagt der DFL-Geschäftsführer Michael Pfad auf Nachfrage. „Ein Sender kann nicht durchs Land ziehen und in Raubrittermanier die Bundesliga billig schießen.“ Wenn Sat1 nicht mehr übertragen wolle, dann werde sich die Liga einen anderen Partner suchen. Pfad ist sich sicher: „Wir finden auch andere Sender, die den Preis bezahlen, der dem Fußball zusteht.“

Das ist allerdings nicht so leicht. Die ARD will jedenfalls nur die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 übertragen. „Wir wollen die Bundesliga nicht“, sagte ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf am Freitag dem Tagesspiegel. Uli Hoeneß, Manager des FC Bayern München, hatte am Vortag ein Koppelmodell in die Öffentlichkeit gebracht: Wer die Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land haben wolle, der müsse auch die Bundesliga kaufen. Und zwar nicht irgendwann, sondern bereits ab der Saison 2003/2004. Boßdorf sagt dazu: „Bundesliga und WM 2006 sind zwei völlig unterschiedliche Produkte. Die ARD geht davon aus, dass es zwischen den Fernsehrechten beider Wettbewerbe keinen Zusammenhang gibt.“

Die Fernsehrechte für beide Wettbewerbe liegen bei der Infront AG, die von Ex-Nationalspieler Günter Netzer repräsentiert wird. Bisher ließ die Agentur nicht erkennen, dass sie beide Wettbewerbe im Paket verkaufen will. „Man muss doch sehen, dass bei einem Paket die Preise für beide Produkte eher runter- als raufgehen“, sagt Boßdorf. Zumal es keinen Sender gäbe, der für beide Übertragungsrechte bieten würde. Die ARD jedenfalls, betont Boßdorf, zielt zusammen mit dem ZDF auf die Fußball-WM 2006 in Deutschland: „Unser Ziel ist: alle 64 Spiele live.“ Und hier wird es eine preistreibende Konkurrenz geben: RTL wird auf jeden Fall mitbieten, nicht für „alle Spiele, alle Tore“, aber wenigstens für 20 Partien. Spätestens bei der WM wird das inoffizielle Sender-Kartell – jeder bekommt sein Stück vom Fußball-Kuchen – aufbrechen. RTL will im Übrigen von 2005 an auch die Tour de France übertragen. Die Rechte besitzt bis dahin die ARD. Für die Rechte der Fußball-Bundesliga dagegen gibt es derzeit nur einen Bieter: Sat1. Der Privatsender, der die Rechte bis 2004 besitzt, will diese Situation offenbar ausnutzen und die Preise drücken. „120 bis 150 Millionen Euro“ stellt sich zwar Uli Hoeneß pro Saison vor. Doch bei Sat 1, wo schon 80 Millionen Euro als nicht refinanzierbar gelten, kann man darüber nur lachen. „Wir finden diese Zahlen sehr interessant“, sagt Sat-1-Sprecherin Kristina Faßler süffisant. Kein Wunder, dass die deutschen Fußballklubs nun nach Schuldigen für die Misere suchen.

Dabei gerät auch die Ligavertretung DFL immer mehr in die Kritik. „Die DFL versteht es nicht immer, wichtige Dinge vorherzusehen und dann rechtzeitig zu reagieren“, sagt Herthas Manager Dieter Hoeneß. Sein Bruder und Münchner Kollege Uli Hoeneß hatte gar geklagt, die DFL „eiere rum“ und lasse sich „von den Sendern vorführen“. Zudem hatten, wie am Sonntag berichtet, Kenner des Verbandes die Kommunikation innerhalb der DFL kritisiert. „Ja, wir können uns an allen Stellen verbessern“, gibt DFL-Geschäftsführer Pfad zu. Er will das Verhältnis zwischen DFL und den Vereinen ausbauen. Die Deutsche Fußball-Liga vertritt seit Juli 2001 die Vereine weitgehend autonom – auch bei den Verhandlungen über die Fernsehrechte. Pfad räumt ein: „Die DFL ist jung. Wir müssen noch Erfahrungen sammeln.“ Ein schweres Vorhaben mitten in der Krise. Aber immerhin sagt Pfad: „Wir nehmen die Kritik sportlich.“

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