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Ganz wie früher. Karim Benyamina feiert mit den Fans vom 1. FC Union. Foto: Koch

© Matthias Koch

Sport: Kitsch aus dem Drehbuch

Karim Benyamina verdirbt Union den Saisonauftakt

Der dreifache Benyamina hatte seinen großen Auftritt innerhalb einer halben Stunde. Da war der Triumphator, der sich nur zu gern von den Fans des 1. FC Union feiern ließ, obwohl er längst nicht mehr das rot-weiße Trikot der Berliner trägt. Dann gab es den Melancholiker, der nach dem Tor gegen seinen Ex-Verein zusammensackte, die Faust gen Himmel reckte und später von „großen Gefühlen“ sprach, die ihn in diesem Moment überkamen. Komplettiert wurden die drei Ben- yaminas von dem Zauderer, der mit sich selbst hart ins Gericht ging, weil er den Elfmeter in der vierten Minute der Nachspielzeit seinem Mitspieler Babacar Gueye überlassen hatte und dieser den Ball im Anschluss weit über das Tor schoss.

Sie alle gehören zu ein und derselben Person: Karim Benyamina langjähriger Stürmer des 1. FC Union und nun beim FSV Frankfurt unter Vertrag. Im von stetigen Vereinswechseln geprägten Fußballgeschäft ist es gewiss keine Seltenheit, dass ein Spieler gegen seinen alten Verein trifft und danach die große Bühne für sich reklamiert. Dann heißt es, solche Geschichten würde nur der Sport schreiben und selbst die schnulzigsten Drehbuchautoren wären nicht in der Lage, so eine Story zu erfinden. In diesem Fall hatte der Kitsch jedoch seine Berechtigung.

Karim Benyamina ist für den 1. FC Union kein gewöhnlicher Spieler. Der 29-Jährige kann von sich behaupten, so viele Tore für die Köpenicker erzielt zu haben wie niemand vor ihm. Als der Zweitligist im April bekannt gab, dass man den Vertrag mit dem Publikumsliebling nach sechs Jahren nicht verlängert, brachte das wochenlang Wirbel. Es folgte die große Abschiedsgala, bei der die Fans im Stadion An der Alten Försterei ihren Liebling minutenlang feierten. Gegner damals war ausgerechnet der FSV Frankfurt, für den Benyamina nun spielt. Wie tief die Enttäuschung über seinen unfreiwilligen Abschied aus Berlin bei ihm noch sitzt, zeigte sich nach dem Spiel. „Was in mir vorgegangen ist, kann man nicht in Worte fassen. Ganz große Emotionen waren das auf jeden Fall“, sagte Benyamina. Auf die Frage, was er in diesem Moment dachte, wollte er lieber nicht antworten. „Das ist nicht ganz jugendfrei.“

Wahrscheinlich hatte Uwe Neuhaus an jenem denkwürdigen Tag im April gehofft, dass sich die Aufregung rund um das Thema Benyamina allmählich legt, doch am Freitag holte die Vergangenheit Unions Trainer noch einmal ein. Er war es, der sich gegen eine Weiterbeschäftigung des Stürmers ausgesprochen hatte, weil er ihm keinen Sprung in der Entwicklung mehr zutraute.

Uwe Neuhaus hat keine drei Gesichter, er hat mal gesagt, dass er viel zu sehr Mensch sei, um seine Gefühle nach den Spielen zu verbergen, doch musste er nach der Auftaktpartie in Frankfurt am Main an sich halten, um sein Innerstes nicht nach Außen zu kehren. „Dazu sage ich lieber nichts“, antwortete Neuhaus, als ihn jemand fragte, was er nach Benyaminas Treffer dachte. Unions Trainer ahnte, dass die unendliche Geschichte um seinen ehemaligen Spieler nun wieder das bestimmende Thema sein wird. Dabei muss sich Neuhaus nicht als Verlierer in der Angelegenheit fühlen.

Der von ihm als Benyamina-Ersatz verpflichtete Silvio hatte Union mit einem Elfmeter in Führung gebracht und fast eine Stunde sah es so aus, als würden die Berliner in Frankfurt gewinnen. Dass sein Team danach einbrach und am Ende fast noch verloren hätte, interessierte nur am Rande. Zumindest in dieser Hinsicht hatte die Benyamina-Show für Unions Trainer noch etwas Gutes.

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