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Sport: Klar im Unklaren

Christian Tretbar über die Richtlinien des IOC zur freien Meinungsäußerung

Klar ist, dass nichts klar ist. Das ist die Botschaft des Internationalen Olympischen Komitees. Das IOC hat Richtlinien zur freien Meinungsäußerung während der Olympischen Spiele erlassen, aber die drängenden Fragen der Athleten bleiben ungeklärt.

In genau drei Monaten gehen die Spiele in Peking los, doch die Sportler wissen nicht, wie Regel 51.3 der Olympischen Charta ausgelegt wird. Diese besagt, dass „keine Art von Demonstration oder politischer, religiöser oder rassistischer Propaganda erlaubt“ ist. Sind also Armbänder mit dem Aufdruck „Sport für Menschenrechte“ verboten? Und Aufkleber mit dem Slogan „Für eine bessere Welt“? Das IOC windet sich. Die Nationalen Olympischen Komitees wurden lediglich darüber informiert, dass eine freie Meinungsäußerung nur in den Wettkampfstätten, im Olympischen Dorf und in den Bereichen erlaubt ist, für die eine spezielle Akkreditierung notwendig ist. Verboten aber bleibe politische, rassistische und religiöse Propaganda. Die Athleten wissen nun genauso viel wie vorher.

Wo fängt Propaganda an, wo hört freie Meinungsäußerung auf? Ist das Einfordern von Menschenrechten auf einer Pressekonferenz schon ein politischer Akt? Und ist der dann verboten oder darf man den bloß nicht auf Armbänder drucken? Muss jede Nation, jede Sportart, jeder Athlet selbst einschätzen, was gehen könnte und was nicht? Diese Fragen bleiben.

Wo es keine klaren Regeln gibt, herrscht schnell Willkür. Ein unkalkulierbares Risiko für die Athleten. Deshalb wird aus Angst vor Repressalien im Zweifel kaum jemand zu einem Armband greifen. Der mündige Athlet, wie von IOC-Vizepräsident Thomas Bach propagiert, bliebe eine theoretische Vorstellung. Das IOC muss endlich einen klaren Verhaltenskodex aufstellen. Die Athleten im Ungewissen zu lassen, ist die perfideste Form, Proteste zu unterbinden.

Drei Monate vor Olympia: Seite 27

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