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Klaus Allofs, 55, war 13 Jahre Manager bei Werder Bremen. Seit Mitte November ist er es nun in Wolfsburg.

© dapd

Klaus Allofs: "Ich habe kein schlechtes Gewissen"

Klaus Allofs trifft am Samstag als Wolfsburger Manager auf seine lange Liebe Bremen. Hier spricht er über Gefühle, Pläne und Wechselverbote für Fußballmanager.

Von Christian Otto

Herr Allofs, wie werden Sie am Samstagnachmittag Ihren langjährigen Bremer Weggefährten Thomas Schaaf begrüßen, der plötzlich Ihr Gegner ist?

Ganz normal. Wir haben uns sonst vor einem Spiel auch nicht innig umarmt. Und wir werden uns bei unserem Wiedersehen nicht auf den Präsentierteller begeben. Ich weiß: Jede Gefühlsregung von mir wird wahrscheinlich beobachtet und interpretiert. Was macht er, wenn Werder spielt? Wie jubelt er für Wolfsburg?

Werden Sie sich, wenn Wolfsburg ein Tor gegen Bremen schießt, das Jubeln verkneifen?

Nein. Ich verstehe das auch bei Spielern nicht, die den Verein wechseln, gegen ihren Ex-Klub ein Tor schießen und nicht jubeln wollen. Wenn man für seine Mannschaft jubelt, ist das keine Respektlosigkeit gegenüber dem Gegner. Ich vertrete jetzt die Interessen des VfL Wolfsburg. Meine Sympathien für Werder sind davon in keiner Weise beeinflusst. Ich habe keinen Grund, mich zu verstecken.

Hat Sie der Wirbel wegen Ihres Wechsels mitten in der Saison überrascht?

Das Medienecho ist schon sehr groß. Aber ich finde das nicht dramatisch.

Weil Sie schon seit langer Zeit in einer Branche arbeiten, in der man nicht immer die Wahrheit sagen kann?

Gegenfrage: In welcher Branche wird immer die Wahrheit gesagt? In meinem Fall ist an den bedeutenden Stellen offen gesprochen worden – also in der Zusammenarbeit mit Thomas Schaaf, mit meinen Kollegen in der Geschäftsführung und mit dem Aufsichtsrat. Das ist mir wichtig. In der Öffentlichkeit stand im Vordergrund, die Ruhe zu bewahren und die Mannschaft nicht negativ zu beeinflussen. Deshalb habe ich auch kein schlechtes Gewissen.

Gehört der Wechsel eines Geschäftsführers oder Managers mitten in der Saison zur Konkurrenz nicht besser verboten?

Bedeutet das denn auch, dass kein Manager mehr mitten in der Saison entlassen werden darf? Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn, über Wechselfristen für Manager nachzudenken. Es stimmt: Wir denken in dieser Branche immer in Spielzeiten. Aber mitten in der Saison zu gehen, hat es mir und ich glaube auch dem Verein sogar leichter gemacht. Ich denke, dass es ein guter Moment war. Die Arbeit für Werder war in dieser Saison weitestgehend getan. Es gab einen Umbruch, die Mannschaft ist auf den Weg gebracht worden und sie funktioniert.

Konnte Werder gar nicht Nein sagen, als die Anfrage kam? Der Volkswagen-Konzern, dem der VfL Wolfsburg gehört, ist schließlich auch Sponsor von Werder.

Die Verantwortlichen von Werder konnten und wollten nicht Nein sagen, weil wir korrekt und sehr gut miteinander umgegangen sind. Und wer sich 13 Jahre lang mit dem Verein identifiziert und ihn repräsentiert hat, dessen Entscheidung sollte man respektieren. Ich war bei den Gesprächen rund um meine Vertragsauflösung in Bremen nicht dabei. Da bin ich von den Verantwortlichen bewusst außen vor gelassen worden. Ich weiß aber, wie die vertragliche Situation zwischen Werder und VW ist. Da bestand rund um meinen Wechsel keine Gefahr.

Welche Strukturen und wie viel Fußball-Kompetenz finden Sie beim VfL vor?

Ich kann nicht nach einer Woche bei einem neuen Verein sagen, was gut ist und was falsch ist. Ich bin ohne Vorurteile hierhergekommen, für alles offen, möchte beobachten und mir ein Bild machen. Von dem, was schiefgelaufen ist und von dem, das sich bewährt hat.

Sind Sie in der Wolfsburger Trainerfrage auch ganz offen?

Das Erste, was ich hier getan habe, war ein Gespräch mit Lorenz-Günther Köstner zu führen. Ich habe ihm gesagt, dass das vollste Vertrauen da ist. Die Mannschaft ist bei ihm in guten Händen und wird gut auf die Spiele vorbereitet. Wir gehen ganz offen miteinander um.

"Ich arbeite sicherlich anders als Felix Magath"

Ihre Vorgabe ist, aus dem VfL Wolfsburg einen sympathischen Verein zu machen.

Soll man daraus schließen, dass das hier kein sympathischer Verein ist? Und was heißt eigentlich sympathisch? Wir müssen anstreben, dass man sich mit dem VfL Wolfsburg identifizieren kann.

Hat es die Transferpolitik von Felix Magath den Spielern und Fans erschwert, sich mit dem VfL zu identifizieren?

Ich werde die Arbeit meines Vorgängers nicht bewerten. Aber was die Größe unseres Kaders betrifft, glaube ich schon, dass die Gruppe zu groß ist. Sie muss so groß sein, dass am Ende jeder Spieler eine reelle Chance hat, auch mal zu spielen und dass junge Spieler herangeführt werden.

Sie gelten als charmant und erfolgreich. Sind Sie jetzt der Gegenentwurf zu Magath?

Ich arbeite sicherlich anders als Felix Magath. Aber sicher auch etwas anders als andere Kollegen. Jeder hat seinen Stil und seine Eigenarten. Uns verbindet aber alle der Ehrgeiz.

Müssen Sie beim VfL jetzt eine besondere Treue und Kontinuität vorleben?

Ich halte Kontinuität in der Tat für eine wichtige Zutat, um Erfolg zu haben – allerdings nicht um jeden Preis. Wenn man das Gefühl hat, dass man die richtigen Menschen am richtigen Ort hat, darf man sich als Verein nicht von kurzfristigen Rückschlägen irritieren lassen.

Wollen Sie aus dem VfL Wolfsburg ein neues Werder Bremen machen?

Ganz sicher nicht – auch wenn Werder in einigen Bereichen ein Vorbild sein kann. Natürlich werde ich versuche, meine Erfahrung aus den letzten Jahren hier einzusetzen und Gutes auf den VfL zu übertragen. Aber einige Dinge werden auch nicht hierher hinpassen.

Haben Sie das Gefühl, von einer Familie in einen Konzern gewechselt zu sein?

Der Begriff Familie hat es auch in Bremen nicht immer richtig getroffen. Wir waren miteinander vertraut und hatten ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Ich habe nicht den Eindruck, aus einer behüteten Sache in eine Firma zu kommen, in der es knallhart zur Sache geht. Ich bin hier mit offenen Armen und warmherzig empfangen worden. Dass das System und die Strukturen des VfL durch seinen Gesellschafter geprägt sind, ist doch klar.

Ihnen wird wegen der Finanzkraft von VW unterstellt, Sie seien im Paradies gelandet. Haben Sie vor Ihrem Wechsel nachgefragt, welche Budgets zur Verfügung stehen?

Ich bin auch deshalb nach Wolfsburg gewechselt, weil mir versichert worden ist, dass die Möglichkeiten und die Ziele hier ambitioniert bleiben.

Das Gespräch führte Christian Otto.

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