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© dpa

Klaus Wowereit: ''Wir sind die Rettungsinsel der Leichtathletik''

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sprach mit dem Tagesspiegel über das Olympiastadion und Olympische Spiele in Berlin.

Herr Wowereit, wann sind Sie das letzte Mal gerannt?

Im sportlichen Sinne? Daran kann ich mich nicht mehr erinnern, wahrscheinlich bin ich mal einem Bus hinterher gerannt.

Ihre Entfernung zur Leichtathletik ist also ziemlich groß.

Im Gegenteil, ich fand Leichtathletik schon als kleiner Junge faszinierend. Im Fernsehen habe ich mir am liebsten die Zehnkämpfer angesehen, die vielfältigen Könige aller Disziplinen. Im Schulsport waren mir Weitsprung oder die Kurzstrecken die liebsten Disziplinen. Die lange Strecke war nicht so mein Fall, nach 800 Metern ging mir dann doch die Puste aus.

Der Berliner Zehnkämpfer André Niklaus fehlt bei dieser WM. Auch andere deutsche Hoffnungsträger haben abgesagt. Wer könnte das Gesicht der WM werden?

Das hängt von den Ergebnissen ab. Aus Berliner Sicht hat Robert Harting im Diskuswurf eine gute Chance. Viele werden natürlich auf den Hochsprung der Frauen schauen – und auf Ariane Friedrich. Ich werde jeden Tag im Stadion sein und freue mich besonders auf das 100-Meter-Duell gleich am Sonntag. Ich hoffe, dass da der Weltrekord geknackt wird.

Glauben Sie denn, dass dieser Weltrekord sauber wäre? Schon bei Usain Bolts Olympiasieg in Peking gab es viele Zweifel.

Ich finde es richtig, dass Doping konsequent bekämpft wird – und nicht freigegeben, wie mancher fordert. Sonst muss man sich ja fragen: Wo fängt das an, wo hört das auf? Ich weigere mich aber, jeden unter Generalverdacht zu stellen. So lange jemand durch die Kontrollen kommt, gilt für mich die Unschuldsvermutung. Natürlich verschiebt sich die Wahrnehmung. Aber im Zweifel glaube ich trotz aller Skandale noch den Sportlern.

Das Interesse an der Leichtathletik hat auch wegen vieler Dopingfälle abgenommen. Haben Sie keine Angst, dass Bilder vom halbleeren Olympiastadion um die Welt gehen?

Ach was, das werden super Bilder aus Berlin. Natürlich ist das Olympiastadion ziemlich groß, natürlich gibt es noch Karten. Aber es wird nicht der Eindruck entstehen, dass die Ränge leer sind. Ich bin sogar optimistisch, dass es auch noch einen Run auf die letzten Tickets geben wird, wenn es erst einmal losgegangen ist und wir den ersten deutschen Erfolg feiern können.

Und wenn nicht?

Schauen Sie doch mal, womit die Leichtathletik heute zu kämpfen hat: Im Stuttgarter WM-Stadion gibt es keine Laufbahn mehr, das Fernsehen überträgt kaum noch Wettkämpfe – das kommt alles nicht von ungefähr. Gemessen daran ist unser Absatz von mehr als 310 000 Karten schon zu Beginn dieser Woche ein Erfolg. Wir haben bereits jetzt mehr Tickets verkauft als bei den letzten Weltmeisterschaften in Helsinki und Osaka. Und es gibt bestimmt eine Menge Leute, die noch spontan ins Stadion gehen. Auch Touristen, die gerade in Berlin Urlaub machen, werden wir anlocken. Schließlich ist es so, dass sie im Fußball nicht so leicht an Tickets kommen.

Bei Hertha BSC schon.

Ja, aber bei Weltmeisterschaften nicht.

Wie wär’s, wenn Sie noch ein paar Landesbedienstete als Zuschauer abkommandieren?

Wir verschleudern keine Karten. Andere haben viel Geld dafür bezahlt, die wollen wir nicht bestrafen. Und wir glauben an unser Produkt. Natürlich hat die deutsche Leichtathletik zur Zeit nicht mehr viele große Stars. Aber es gibt doch ein paar neue Gesichter. Für sie ist diese WM eine Chance, sich und ihren Sport auf großer Bühne zu präsentieren. Berlin ist für die Zukunft der Leichtathletik in Deutschland enorm wichtig – wenn man so will, sind wir die Rettungsinsel der Leichtathletik. Darum werden wir die Wettkämpfe für die Geher und den Marathon auch in die Stadt tragen.

Sollte die Leichtathletik nicht auch im Stadion frischer präsentiert werden?

Die Vielfalt der Leichtathletik ist weiterhin faszinierend. Natürlich wird es auch nach dieser WM wieder die Diskussion geben, ob neun Tage WM nicht etwas langgestreckt sind. Aber das muss der Sport entscheiden. Und es hängt ja auch vom Fernsehen ab.

Vom Land Berlin hängt ab, was nach der WM mit dem Olympiastadion passiert. Das Stadionmeeting Istaf will sich verkleinern und in den Jahn-Sportpark ziehen. Da könnten Sie doch die blaue Laufbahn nach der WM abreißen, oder?

Die Laufbahn wird nicht abgebaut. Ich halte die Entscheidung immer noch für richtig, dass das Olympiastadion kein reines Fußballstadion ist. Ich sehe auch keinen Grund, daran nach der WM etwas zu ändern. Denn Berlin will weiter internationale Leichtathletik-Meetings austragen.

Im Olympiastadion?

In Berlin.

Und was soll abseits vom Fußball noch im Olympiastadion passieren?

Es gibt viele denkbare Veranstaltungen, auch in der Leichtathletik. Europameisterschaften, Studentenspiele…

…oder Olympische Sommerspiele.

Es war die Einschätzung des deutschen Sports, dass er mit Winterspielen womöglich bessere Chancen hat als mit Sommerspielen. Das Angebot, dass sich Berlin für Olympische Spiele bewirbt, liegt dem deutschen Sport vor. Aber nun ist München für die Winterspiele 2018 der Kandidat – ob es der richtige ist, weiß ich nicht. Das war nicht meine Entscheidung.

Das Gespräch führten Robert Ide und Friedhard Teuffel.

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