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Sport: Kleiner Ausgleichsjubel

Das Uefa-Cup-Halbfinale tröstet Schalke nur mäßig über eine bislang enttäuschende Saison hinweg

Der schmucklose Abend regte nicht zum Träumen an; er schulte den Blick für die Gelsenkirchener Wirklichkeit. Neun Jahre nach dem inzwischen legendären Uefa-Cup-Triumph hat der FC Schalke 04 wieder das Halbfinale dieses Wettbewerbs erreicht. Der verhaltene Jubel nach dem 1:1 gegen Lewski Sofia, das nach dem 3:1-Hinspielsieg genügte, gab nicht nur den dürftigen Spielverlauf treffend wieder, sondern auch die veränderten Ansprüche bei Schalke. Die anstehenden Halbfinalauftritte gegen den FC Sevilla (20. und 27. April) auf dem zweitwichtigsten europäischen Fußballmarkt entschädigen nur mäßig für die Aussichten im nationalen Wettbewerb. Schalke war angetreten, den Meistertitel zu holen und muss sich nun mit dem Gedanken anfreunden, sogar den dritten Platz zu verpassen, der zur Champions-League-Qualifikation berechtigt.

Zwar kamen zu den 24 Millionen Euro Einnahmen im laufenden Europacup- Wettbewerb zwei weitere Millionen durch den Halbfinaleinzug hinzu, doch der teure Kader lässt sich langfristig nur durch das Erreichen der Champions League refinanzieren. Vor dem Auswärtsspiel an diesem Sonntag gegen Duisburg beträgt der Rückstand auf den Tabellendritten Werder Bremen vier Punkte. Erschwerend kommt hinzu, dass die Mannschaft – trotz des relativen Erfolges – auch gegen Sofia enttäuschte und keine Anzeichen eines raschen Aufschwungs erkennen ließ. „Wenn wir in Duisburg so auftreten wie gegen Lewski in der ersten Halbzeit, haben wir keine Chance“, sagt Gerald Asamoah, der einzige Schalker Spieler, dessen Willenskraft auf dem Platz derzeit überdurchschnittlich ausgeprägt ist. „Viele haben gedacht, es läuft von allein.“

Diesem Irrglauben war vor allem Regisseur Lincoln in der ersten Halbzeit erlegen. Seine Unlust, die in Form eines verlorenen Zweikampfes das 0:1 durch Emil Angelow einleitete, brachte den Trainer, aber auch manchen Spielerkollegen in Rage. In der Pause wurde sogar der höfliche Mirko Slomka laut, der seinen Zorn später nur vage zu beschreiben bereit war. Wie schon beim vorletzten Bundesliga-Heimspiel gegen Wolfsburg sei es in der Kabine „nicht angenehm gewesen“, sagte der Schalker Trainer. Die Spieler wurden deutlicher: Slomka habe geschrien und geschimpft, sogar eine Tafel habe er umgeworfen vor Wut. Der launische Lincoln sei heftig kritisiert worden: „Nur vom Hingucken bekommt man die Bälle nicht!“ Im zweiten Durchgang wurden die Schalker zwar nicht nachhaltig besser, aber Slomka durfte sich zumindest mit Blick auf den Mittelfeldstrategen bestätigt fühlen: Lincoln glich in der 58. Minute zum 1:1 aus.

1997 waren spielerische Mängel noch durch kompromisslose Maloche überdeckt worden, doch die war diesmal kaum auszumachen. Der Schalker Jahrgang 2006 verlässt sich größtenteils auf sein technisch-taktisches Vermögen. Das mag formal ein Zeichen des Fortschritts sein. Der Gewinn des Uefa-Pokals aber wäre es nicht. Er wäre abermals nur ein Trost für den entgangenen Bundesliga-Titel – allerdings auf weitaus höherem Anspruchsniveau als vor neun Jahren.

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