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Vorsicht, Eisenfaust! Gegen die zwölf Zentimeter größere Reichweite Witali Klitschkos hatte Tomasz Adamek keine Chance.

© dapd

Update

Klitschko gegen Adamek: Klitschko ist eine Nummer zu groß für Adamek

Problemlos verteidigt Witali Klitschko in Breslau seinen WM-Titel gegen den Polen Tomasz Adamek.

In Runde zehn spürt Tomasz Adamek, dass es zu Ende geht. Schwere Gewichte ziehen an seinen Armen, er hält sie mit letzter Kraft oben, aber das reicht nicht gegen Witali Klitschkos Rechte. Treffer!, Adamek taumelt in einen Jab, dann fliegt noch eine Rechte heran und noch eine und endlich geht der Ringrichter dazwischen. Technischer K. o. drei Runden vor Schluss. Es wird ganz still in der Breslauer Fußball-Arena, aber nur für einen Augenblick, dann brüllen die 43 000 Zuschauer: „Dziekuje, Dziekuje!“ Danke, Danke! So richtig geglaubt haben sie eh nicht, dass ihr Landsmann Adamek den älteren der beiden Klitschko-Brüder würde besiegen und den WM-Gürtel im Schwergewicht nach Version des WBC würde holen können. „Witali war einfach der bessere Boxer“, sagt Adamek. „Er ist ein großer Champion.“

Das ist keine so neue Erkenntnis, aber Klitschko füllt sie immer wieder mit neuem Leben. Noch im Ring wird ihm ein ukrainisches Fähnchen zugesteckt, aber Klitschko weist es zurück, wissend um die Kraft des Augenblicks und die zerstörerische Wirkung, die jeder Anflug von Nationalismus jetzt hätte. Polen und Ukrainer sind nie die besten Freunde gewesen, dafür ist im Zweiten Weltkrieg zu viel passiert. Klitschko will versöhnen und nicht spalten, also nimmt er Adamek in den Arm und drückt ihn an sich, mit dem rechten Handschuh tätschelt er seinen Nacken. In Adameks Gesicht blühen die Beulen ungezählter Treffern, und wahrscheinlich sieht es auch deshalb so aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. Wie es ihm geht? „Ich werde weiterleben.“ Kein bisschen Ironie liegt in seiner Stimme.

Adamek trägt den Kampfnamen, „The Polish Warrior“, und wie ein Krieger ist er in diesen Kampf gezogen. Es war von der ersten Runde an kein Kampf auf Augenhöhe, denn Adameks Augen ragen Klitschko gerade mal bis zum Kinn. Er ist zwölf Zentimeter kleiner und 15 Kilogramm leichter, und diesen Nachteil kann er nie kompensieren in diesen neuneinhalb Runden von Breslau. Dazu kommt, dass Klitschko so gut und schnell boxt wie vielleicht noch nie. „Es war sein bester Kampf seit dem Comeback vor drei Jahren“, sagt Trainer Fritz Sdunek. Klitschko treibt Adamek wie einen kleinen Hund vor sich her. Immer wieder lässt er provozierend die Deckung fallen – schlag doch zu, trau dich doch – aber Adamek geht dieses Risiko nicht ein, wohl wissend, dass er bei einem Angriff offen ist für Klitschkos furchtbare Rechte, die aus einer zwölf Zentimeter längeren Reichweite heransaust wie ein Schlaghammer.

Es spricht für Adameks Schneid, dass er sich der Herausforderung so lange stellt, wie es nicht viele Kämpfer schaffen, erst recht nicht, wenn sie eigentlich nicht im Schwergewicht zu Hause sind. Adamek war Weltmeister im Cruiser- und Halbschwergewicht, bevor er den verwegenen Gedanken fasste, Champion aller Klassen zu werden. Doch Klitschko steht, obwohl schon 40, für ein anderes Niveau. Schon in der zweiten Runde drückt er Adamek mit einer Rechten in die Seile. „Da hab ich gedacht: Wow, das war’s“, erzählt Klitschko später, aber Adamek macht weiter. Drei Runden später kommt die nächste Rechte, diesmal landet der Pole im Ringstaub, er wird bis acht angezählt und steht doch wieder auf. Klitschko ist beeindruckt von den Nehmerqualitäten seines Herausforderers, vielleicht lässt er ihn deshalb auch noch bis zum Finale in Runde zehn ein bisschen mitboxen, damit das Publikum auch etwas hat von dieser ersten Schwergewichts-WM in Polen.

Adamek hat sich diese Zugabe verdient für seinen Mut, aber sein väterlicher Freund Witali gibt ihm noch mit auf den Weg: „Tomasz ist der beste Boxer der Welt, aber es war ein Fehler, die Klasse zu wechseln. Wenn du ein Schwergewichtler sein willst, gehört mehr dazu, als zu viel zu essen.“ Dass der Cruisergewichtler Adamek in der Weltrangliste hinter den beiden Klitschkos die Nummer drei der Weltrangliste ist, spricht nicht gerade für hohes Niveau. Witali würde gern noch mal gegen den Briten David Haye boxen, den Wladimir bei seiner letzten Titelverteidigung verprügelt hat, „denn er hat mich und meinen Bruder beleidigt, ich möchte ihn wirklich gern ausknocken“.

Über einen vermeintlich letzten großen Wunsch mag er nur in der Negation reden in dieser Nacht von Breslau. „George Foremans Rekord will ich nicht brechen“, sagt Witali Klitschko, aber sein anschließendes Lächeln lässt Raum für Interpretationen. Foreman war 45 Jahre, zehn Monate und 25 Tage alt, als er 1995 abtrat als ältester Weltmeister aller Zeiten. Klitschko müsste noch viereinhalb Jahre durchhalten... „KeinProblem“, sagt sein Manager Bernd Bönte und spricht von guten Wein, der wird bekanntlich mit jedem Jahr ein bisschen… genau!

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