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Sport: Klub der schlechten Laune

Stuttgart trifft mit Coach Veh auf Middlesbrough, doch die Fans kennen nur ein Thema: ihre Wut auf die Klubspitze

Wer wissen will, wie sich die Fans des VfB Stuttgart – überschwemmt von schlechten Nachrichten ihres Klubs – gerade fühlen, der muss die Leserbriefe in den örtlichen Zeitungen studieren. Es gibt bitterböse Kommentare und beißenden Spott, und die Wut konzentriert sich auf Erwin Staudt und Dieter Hundt. Der eine ist Präsident des VfB, der andere Chef des VfB-Aufsichtsrates. Die beiden hätten nicht die „erforderlichen Fähigkeiten“, einen Bundesligaklub zu führen, die Führung sei inkompetent und solle dort arbeiten, wo sie sich auskenne. Nur Giovanni Trapattoni kommt dagegen gut weg, was einen Tag vor dem Uefa-Cup-Spiel gegen den FC Middlesbrough (20 Uhr 45/live im DSF) keinem wirklich weiter hilft – denn der Italiener ist in der vergangenen Woche entlassen worden. Gegen Middlesbrough sitzt Armin Veh auf der Trainerbank.

In Stuttgart wird lieber darüber debattiert, dass immer weniger Zuschauer kommen, wie lange der neue Trainer da sein wird und wie sich Dieter Hundt präsentiert. Der einflussreiche Arbeitgeberpräsident gilt als der starke Mann und seit Wochen als unerschöpflicher Quell neuer Nachrichten, die erstaunlich offen vom Innenleben des Vereins berichten. Er hatte für die Beurlaubung von Matthias Sammer gesorgt und auf eine Ende der Ära Trapattoni gedrängt. Viele fragen sich inzwischen, wer beim VfB Stuttgart wirklich Vereinspräsident ist. Der offizielle Klubchef Erwin Staudt sitzt mit blassem Gesicht in allerlei Fernsehstudios und versucht, die Wogen zu glätten, während Hundt die Rolle des ersten Ansprechpartners in vollen Zügen genießt. Von ihm stammt unter anderem die in Notzeiten wie diesen überaus hilfreiche Aussage, Armin Veh sei eine Übergangslösung, bis zum Sommer mache man sich über eine langfristige Lösung Gedanken. Weil Veh bei Manager Horst Heldt hoch im Kurs steht und der ihn längerfristig an den Klub binden will, muss sich der neue Trainer nicht nur mit einer Mannschaft beschäftigen, die verzweifelt versucht, im Uefa-Cup zu bleiben. Demnächst soll es ein „Überzeugungsgespräch“ zwischen Hundt, Veh und Heldt geben.

Ein schönes Durcheinander, was wieder einmal der Führung anzulasten ist. Hundt hat vorher zur großen Freude von allen Beteiligten gleich seinen Wunsch-Nachfolger verraten: Christoph Daum. Der ehemalige Meistertrainer der Schwaben und Fast-Bundestrainer soll den Klub nach Hundts Vorstellung wieder zu neuen Erfolgen führen. Daums Vergangenheit samt der Kokainaffäre interessiere ihn nicht, sagte Hundt. Daum dementierte und verwies auf seinen bis 2007 laufenden Vertrag bei Fenerbahce Istanbul, was aber nicht viel heißt. Denn er betonte gleichzeitig sein überaus gutes Verhältnis zu Hundt und erzählte von seiner tiefen Verbundenheit mit dem VfB.

Kaum einer aber weiß derzeit, wie der Verein einen solchen Plan finanzieren sollte, wenn er im Uefa-Cup scheitern sollte und nächstes Jahr international nicht mitmachen darf. Auf zwei bis vier Millionen Euro beziffert Staudt den möglichen Verlust. Kurzum, die Schwaben müssten wieder Schulden machen, wenn Daum kommen sollte, weil der teuer ist und neue, noch teurere Spieler verlangen würde.

Es bleiben also Zweifel an diesen Planspielen. Auch bei den Briefschreibern. Die „da oben“, so meinte einer, sollten aufpassen, dass es in der nächsten Saison nicht zum Derby gegen den Karlsruher SC kommt – in der Zweiten Liga. Der KSC freilich ist auf dem Weg in die Bundesliga. Für den Höhenflug des Klub aus Baden aber hat in Stuttgart keiner Zeit, die Schwaben haben ihre eigenen Probleme.

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