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Koblenz: Von Alleinherrschern und obskuren Spielervermittlern

Hinter der Rekordstrafe von acht Punkten Abzug für den Zweitligisten Koblenz stehen dessen zweifelhafte Strukturen. Mit seinem Urteil könnte der DFB entscheidend in den Abstiegskampf eingegriffen haben.

Das gab es noch nie. Acht Punkte Abzug für die laufende Saison haben den Zweitligisten TuS Koblenz in den Abstiegskampf gestürzt. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) ahndete mit der Rekordstrafe die Nichtvorlage von Spielerverträgen im Zuge des Lizenzierungsverfahrens. Bislang hatte das Geschäftsgebaren des Klubs kaum Aufsehen erregt – auch weil lokale Medien sehr zurückhaltend darüber berichten. Geldgeber und Aufsichtsratschef von TuS Koblenz ist Walterpeter Twer. Er ist auch zu 50 Prozent Teilhaber des Mittelrheinverlags, in dem die „Rheinzeitung“ erscheint. Die Entwicklung der TuS Koblenz hätte aber schon lange Öffentlichkeit und DFL auf den Plan rufen müssen. Denn bei dem Fußballklub am Deutschen Eck, wo Mosel und Rhein zusammenfließen, läuft vieles nicht rund.

Ein Beispiel ist die so genannte 50+1-Regel. Diese Vorgabe der DFL besagt, dass ein Verein in den Entscheidungsgremien stets gegenüber Investoren die Mehrheit haben muss. „Das ist bei uns bislang sicher nicht korrekt eingehalten worden“, sagt der im Januar zurückgetretene Vereinspräsident Walter Degen im Gespräch mit dem Tagesspiegel. In Koblenz habe stattdessen seit vergangenem Sommer Geldgeber Twer das Sagen. Er entscheidet nach Darstellung Degens als Vorsitzender des Aufsichtsrats bei Stimmengleichheit zwischen den jeweils drei Vertretern von Verein und dem Investor Mittelrheinverlag. Faktisch hält der Investor damit die Mehrheit an der GmbH. Twer indes sagt auf Nachfrage: „Von einer Alleinherrschaft kann man nicht sprechen. Der Aufsichtsrat hat immer im vernünftigen Einvernehmen gehandelt.“ Nach Darstellung von Degen wurden allerdings Sitzungen abgehalten, zu denen lediglich die im Verlag angestellten Aufsichtsräte geladen waren. Bei einer solchen Zusammenkunft ohne Vereinsvertreter soll demnach auch der Vertrag und das Gehalt von Trainer Uwe Rapolder genehmigt worden sein. Die Vereinsvertreter im Aufsichtsrat wurden laut Ex-Präsident Degen entgegen der Satzung der GmbH nicht über das genaue Einkommen Rapolders informiert.

Ebenso wenig sei diskutiert worden, weshalb die TuS Koblenz GmbH Transfers mit Vorliebe über Abdilgafar Ramadani abwickelt. Der aus Mazedonien stammende und in Berlin lebende Spielerberater wurde im Vorjahr von der Hamburger Staatsanwaltschaft als einer der Strohmänner bei einem Kreditbetrug in Hamburg eingestuft. Nach Koblenz hat er seit Dienstantritt Rapolders im vergangenen Frühjahr dennoch schon fünf Spieler vermittelt, darunter die von Partizan Belgrad für zusammen 2,3 Millionen Euro gekauften Serben Branimir Bajic und Marko Lomic – nach den Worten des im Dezember entlassenen Geschäftsführers Herman Gläsner auf Betreiben des im sportlichen Bereich angeblich alleinherrschenden Rapolder. Das Verschweigen der hohen Ablösesummen für die beiden Spieler gegenüber der DFL, die nach eigenen Angaben die wahren Transferverträge entgegen der Statuten nie erhalten hat, hat der TuS nun den Abzug von acht Punkten eingebrockt. Eine Spielerberaterlizenz, wie von der DFL eigentlich vorgeschrieben, hat Ramadani nicht vorzuweisen. „Ich fand es immer verwunderlich, dass wir mit Ramadani so viele Geschäfte machen“, sagt Ex-Präsident Degen, der vor wenigen Wochen wegen länger zurückliegender Unregelmäßigkeiten bei Zahlungen an Spieler zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde. „Wir als Vereinsvorstand haben von diesen Vertragsgesprächen nichts mitbekommen“, beteuert Degen. Stattdessen hätten Aufsichtsratschef Twer und Ex-Geschäftsführer Gläsner die Deals abgewickelt, ohne die anderen zu informieren, sagt Degen.

Twer dagegen gibt alle Schuld an den ehemaligen Geschäftsführer Gläsner weiter. „Leider habe ich mich auf einen Mann verlassen, der seine Aufgabe offenbar nicht beherrscht hat“, sagt Twer. Um Gläsners Schuld zu belegen, schilderte er auf der Jahreshauptversammlung im Januar den Mitgliedern en Detail, wie der ehemalige Geschäftsführer vor einigen Monaten weinend vor ihm gesessen haben soll, als er ihm eine ausstehende Zahlung von 345 000 Euro für einen Spielerberater gebeichtet habe. „Er hat gesagt: Die Jugos haben mich übers Ohr gehauen“, führte Twer aus. Gläsner geht nun aber zum Gegenangriff gegen Twer über. „Mir die Verantwortung für die Transfers von Lomic und Baijc und die daraus nun resultierende Acht-Punkte-Strafe in die Schuhe zu schieben, ist Rufmord“, sagte der ehemalige Geschäftsführer. „Alle Konditionen waren von Uwe Rapolder verhandelt worden, ich musste diese Deals dann auf Druck von Herrn Twer, der immer informiert war, gegen meinen Willen abwickeln und habe auch immer gegen Geschäfte mit Ramadani argumentiert.“

Rapolder bestritt diese Darstellung nach der 2:3-Niederlage in Paderborn am Freitag indes vehement. „Ich habe keine einzige Verhandlung geführt und war selbst überrascht, als das alles im Dezember ans Licht kam“, sagte der Trainer. „Es gab eine klare Trennung zwischen sportlicher Leitung und dem Geschäftsführer, der alle Verträge unterschrieben hat.“ Gläsners Angriffe gegen seine Person bezeichnet Rapolder nun als „verzweifelten Versuch von jemandem, der versagt hat“.

Egal welche Version stimmt: Unklar bleibt, wer die Übersendung der Transferverträge an die DFL maßgeblich verhindert hat. Gläsner gesteht lediglich ein, dass er als Geschäftsführer organisatorisch verantwortlich dafür war. Merkwürdig ist aber in jedem Fall, dass der mächtige Twer und seine in seinem Verlag angestellten Aufsichtsräte ihrem Geschäftsführer bei den Millionengeschäften nicht früher auf die Finger geschaut haben wollen. Am Freitag hat Gläsner jedenfalls nach eigenen Worten aussagekräftige Unterlagen an seine Anwältin übergeben.

Daniel Meuren[Koblenz]

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