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Köln - Hertha 1:0: In Überzahl verloren

Hertha BSC unterliegt beim 1. FC Köln trotz Überzahl mit 0:1 und muss im kommenden Spiel Kapitän Kobiaschwili ersetzen, der mit einer Gelb-Roten Karte vom Platz gestellt wurde. Köln hingegen muss auf Podolski und Jajalo verzichten.

Otto Rehhagel hatte sich gerade von seinem Platz erhoben, nachdem er 65 Minuten lang das Spiel seiner Mannschaft beim 1. FC Köln in sitzender Haltung verfolgt hatte. Nun suchte der Trainer von Hertha BSC offensichtlich eine neue Perspektive. Kaum stand Rehhagel an der Seitenlinie, änderte sich tatsächlich alles. Mato Jajalo, acht Minuten zuvor eingewechselt, rauschte Lewan Kobiaschwili in die Beine. Der Kölner sah die Rote Karte. Es war eine harte Entscheidung – und der Beginn einer Schlussphase mit einer revolutionsgleichen Stimmung auf dem Rasen und auf den Rängen. Nur zehn Minuten nach dem Platzverweis gegen Jajalo drohte auf dem Feld eine Massenschlägerei, an deren Ende Kobiaschwili mit Gelb-Rot und Lukas Podolski mit Rot vom Platz mussten. Neun Kölner gegen zehn Berliner hieß es in der letzten Viertelstunde, 1:0 (1:0) jedoch am Ende nach Toren für die Gastgeber.

„Ich konnte nichts sehen“, sagte Otto Rehhagel nach dem Spiel zu der Szene, die beide Seiten noch lange nach dem Abpfiff anhaltend erregte. Den meisten Zuschauern im Stadion war es genauso ergangen. Nachdem Kobiaschwili für ein Foul im Mittelfeld Gelb gesehen hatte, bildete sich um Herthas Mittelfeldspieler in Rekordschnelle ein Rudel, das den meisten die Sicht auf das Geschehen versperrte. Es wurde hin- und hergeschubst, und als Schiedsrichter Guido Winkmann sich anschickte, seine Sanktionen zu verhängen, wurde er von den Spielern beider Teams in nahezu kompletter Mannschaftsstärke eingekesselt. Winkmann zückte Gelb und dann Rot für Kobiaschwili, schließlich Rot für Podolski.

Dem Kölner teilte der Schiedsrichter auf Nachfragen noch mit, er habe seinen Gegenspieler gewürgt, doch Podolski widersprach diesem Vorwurf. „Das war nichts“, sagte er. „Ich hab mich freigemacht.“ Winkmann erklärte nach dem Spiel, er selbst habe die Szene „selbst gar nicht wahrgenommen. Mein Assistent hat aber wahrgenommen, dass die Hand von Podolski in Richtung Gegenspieler ging und dass es ein heftiges Trikotziehen sowie eine Kopfbewegung in Richtung Gegenspieler gab.“

Der Kölner Trainer Stale Solbakken verteidigte seinen Spieler nach Ansicht der Fernsehbilder. „Der Schiedsrichter hat einen großen Fehler gemacht“, behauptete der Norweger, während Christian Lell Podolski beschuldigte, als agent provocateur ganze Arbeit geleistet zu haben (siehe Interview). „Aber das war nicht das Entscheidende“, sagte Herthas Verteidiger. „Das Entscheidende war, dass wir unsere Chancen nicht genutzt haben.“

In der Tat hatte Hertha in den letzten fünf Minuten drei riesige Möglichkeiten, noch den Ausgleich zu erzielen: Raffael scheiterte an Torhüter Michael Rensing, der eingewechselte Änis Ben-Hatira traf das Außennetz und Raffael mit einer Freistoßflanke noch einmal den Pfosten. Doch das war nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit sprach nicht unbedingt für Hertha. Die Berliner erspielten sich die Torchancen, die sie dann vergaben, viel zu spät. Der 1. FC Köln, der seine drei vorherigen Heimspiele verloren hatte, war den Gästen von Beginn an deutlich überlegen. Das Heimteam hatte deutlich mehr Ballbesitz, spielte klarer nach vorne und kam schon nach fünf Minuten durch Slawomir Peszko zu einer ersten guten Chance.

Hertha mühte sich in dieser Phase vergebens um Entlastung, verlor im Spielaufbau immer wieder viel zu schnell den Ball. Zur Pause hatten die Kölner 60 Prozent Ballbesitz. Und auch ein deutliches Chancenplus. Der FC hätte weit höher führen können und müssen als nur 1:0. Mehrmals hatten die Berliner Glück, allein Milivoje Novakovic vergab in der ersten Hälfte zwei große Chancen, in der zweiten kamen drei weitere hinzu.

Herthas Offensivspiel hingegen zeugte nicht von Einfallsreichtum. Die beiden Gelegenheiten vor der Pause entsprangen Flanken von Felix Bastians. Torhüter Rensing reagierte bei den Kopfbällen von Roman Hubnik und Pierre-Michel Lasogga jeweils prächtig. „Die erste Halbzeit gefiel mir gar nicht“, sagte Rehhagel. Fehler machte seine Mannschaft vorne und hinten. So auch vor dem 0:1, als Herthas Defensive im eigenen Strafraum nicht entschlossen genug einschritt. Mit einem Schuss unter die Latte brachte Christian Clemens den FC in Führung.

Rehhagel sah sich schon zur Pause zu drastischen Änderungen genötigt. Zur zweiten Hälfte wechselte er gleich zweimal, brachte Änis Ben-Hatira und Adrian Ramos. Die Bemühungen der Berliner bekamen tatsächlich ein bisschen mehr Drang. „Im Laufe des Spiels sind wir immer besser geworden“, sagte Herthas Trainer. Allerdings hatten die Kölner nun mehr Platz zum Kontern. Sie kamen dadurch immer wieder zu guten Gelegenheiten wie bei Jajalos Distanzschuss, der nur knapp das Tor verfehlte. Kurz darauf gab der Kroate dem Spiel mit seiner Grätsche gegen Kobiaschwili die entscheidende Wende. Das Publikum tobte, die Stimmung wurde immer schneidiger, erst recht nach dem doppelten Platzverweis wenige Minuten danach. Der Rest des Spiels blieb auch fußballerisch ein Hauen und Stechen. Einen entscheidenden Treffer aber landete Hertha nicht mehr.

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