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Sport: Kölns Kraftwerk

Der FC kämpft besser als Dortmund – und gewinnt

Köln. Es war nur ein winziges Detail, aber es sagte alles. Eine knappe Stunde nach der 0:1-Niederlage beim 1. FC Köln schlich Marcio Amoroso aus der Kabine und verdrückte sich so schnell wie möglich im Mannschaftsbus von Borussia Dortmund. Die vielen Fans, die hinter dem Marathontor stehend seinen Namen riefen und für seine schwache Leistung wenigstens mit einem Autogramm entschädigt werden wollten, würdigte der Stürmer keines Blickes. Derweil stand Kölns Kapitän und Torschütze Dirk Lottner schon am Tor und verzierte seit einer Ewigkeit Trikots und Mützen, Eintrittskarten und Programmhefte der FC-Fans mit seinem Namen.

Dort Amoroso, hier Lottner: Auf der einen Seite dokumentierte der eine Distanziertheit und Desinteresse, auf der anderen Seite nährte der volksnahe Lottner die ohnehin schon enorme Verehrung.

Diese Szene geriet zu einem Abziehbild der gesamten Begegnung zweier ungleicher Teams. Mit der Cleverness eines selbst ernannten Meisterschaftskandidaten hatte Dortmund das Spiel beim Aufsteiger gewinnen wollen, aber die gewohnte Siegverwaltung gelang lediglich in den ersten Minuten. Dann regierten der Enthusiasmus, die Energie der Kölner, es dominierte die Begeisterung über die Fußball-Bürokratie, es siegte das Kollektiv über die Individualisten.

Die Grundwerte , von denen Kapitän Lottner nach dem ersten Sieg des FC sprach, waren simpel: Von „bedingungslosem Einsatz“ sprach er, von „völliger Hingabe gegenüber dem Verein“. Wenn er das sagt – und vor allem: wie er es sagt – , dann klingt es selbstverständlich und einfach ehrlich. Lottner ist so etwas wie das Kraftwerk der Mannschaft. Er arbeitet immer.

Seine Freistöße, die Lottner wie kaum ein anderer schießt, werden in Köln schnell zur Heldentat verklärt. Lottner bleibt auch dann Mannschaftsspieler, selbst wenn er wie gegen Dortmund den Ball von der Strafraumkante in den Winkel geschlenzt hat. Nach dem Abpfiff sagte Lottner: „Dieses Spiel hat den Charakter der Mannschaft gezeigt: so viel zu rennen und zu grätschen, dass die fußballerischen Defizite nicht bemerkbar waren“.

Diese Geschlossenheit und Willensstärke der Mannschaft ist die einzige Chance für den FC, die Klasse zu halten. Das sagt Lottner seit Wochen. Die Fans haben diese Botschaft verstanden, sie ringen wie die Spieler um jeden Punkt. „Das Publikum war eine Sensation, einfach Weltklasse“, sagte Kölns Trainer Friedhelm Funkel. „Wie die uns unterstützen, da kriegst du Gänsehaut“.

Kölns Stürmer Sebastian Helbig muss das gespürt haben, als er im Spiel plötzlich allein auf das Dortmunder zulief und die Fans auf den Tribünen erst zuckten, dann aufstanden, lauter wurden, immer lauter, bis sie letztlich im Kollektiv auf der Tribüne standen, schrien und Helbig anfeuerten und nur kurz meckerten, als dieser dann vor dem Tor versagte. Dann ging es weiter: „Eff-Cee, Eff-Cee!“ Immer lauter.

Dass die Kölner Mannschaft in der zweiten Halbzeit „vehement um den Sieg kämpfte“, wie Funkel später meinte, honorierten die Zuschauer mit großen Emotionen. Es ist eine fruchtbare Wechselbeziehung, die derzeit in Köln gedeiht.

Der FC ist am Samstag endgültig in der Liga angekommen.

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