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Update

Kölns Präsident tritt zurück: Wolfgang Overath schimpft und geht

Nach sieben Jahren wirft Wolfgang Overath hin und tritt überraschend als Präsident des 1. FC Köln zurück - offenbar aus Frust über eine "kleine Gruppe" innerhalb des Vereins.

Paukenschlag, Führungschaos und sogar handgreifliche Tumulte beim 1. FC Köln: Nach sieben Jahren warf Präsident Wolfgang Overath hin und trat als Chef des Fußball-Bundesligisten im Frust zurück. Um 20.08 Uhr am Sonntagabend, zum Ende eines fast sechsstündigen Sitzungs- und Abstimmungs-Marathons, war die Amtszeit des 68-Jährigen offiziell beendet. Auf Kölsch und nach bitteren Tränen verabschiedete sich der Weltmeister von 1974 mit den Worten: „Vielen, vielen Dank - und maht et jot“ (macht es gut).

Mit Overath vollzogen auch seine Stellvertreter Friedrich Neukirch und Jürgen Glowacz diesen völlig unerwarteten Schritt. „Ich bitte um Verständnis für unsere Entscheidung, sie ist uns nicht leicht gefallen“, sagte Overath, dem die meisten der 2759 stimmberechtigten Mitglieder bei der turbulenten und von starken Emotionen geprägten Jahreshauptversammlung in der Kölner Lanxess-Arena mit langem Applaus für seine Verdienste dankten. Es gab auch Buh-Rufe und Anfeindungen - doch am Ende überwogen Dankbarkeit und Anerkennung.

Overath wollte eigentlich bis 2013 weitermachen

„Die Entscheidung ist uns schwer gefallen, weil der FC uns immer eine Herzensangelegenheit war und bleiben wird. Die Belastung in den letzten Monaten war für uns alle, die wir beruflich noch stark engagiert sind, sehr hoch“, hieß es in einer Vereinserklärung. Ein neues Präsidium wird - mit hoher Wahrscheinlichkeit erst 2012 - nach einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gewählt. Vorerst führt der neue Verwaltungsratschef Werner Wolf gemeinsam mit seinem Stellvertreter Josef Sanktjohanser kommissarisch den Traditionsverein.

„Ich werde immer mit dem Herzen am FC hängen“, sagte Overath, der zuvor in seiner Eröffnungsrede von „Verunglimpfung“ durch eine „kleine Gruppe“ innerhalb des Traditionsvereins gesprochen hatte. Sein Rücktritt und der seiner Präsidiumskollegen Neukirch und Glowacz war nicht erwartet worden: Noch während der vergangenen Woche hatte Overath erklärt, er wolle sich erst 2013, dem Jahr der turnusgemäßen Neuwahlen des FC-Vorstands, zurückziehen und einem Jüngeren Platz machen.

„Der FC ist gut aufgestellt für die Zukunft“ - so lautete Overaths Botschaft an die Mitglieder, die ungläubig und verwirrt auf die Rücktrittsankündigung reagierten. Das Trio Overath, Neukirch und Glowacz gehe „mit einem guten Gefühl“, ergänzte Overath. Der 68-Jährige kündigte gleichzeitig an, „ganz bewusst“ keinen Einfluss auf die Wahl der Nachfolger nehmen zu wollen. Noch während der Sitzung wurde Overath von einem Mitglied aufgefordert, seine Demission rückgängig zu machen. Overath wurde als „Lichtgestalt“ bezeichnet.

FC-Mitglieder unter Schock

Overath, der seit 2004 im Amt war, sprach vor seiner Rücktrittserklärung die Mitgliederversammlung von 2010 an, als der Vorstand nicht entlastet worden war. Damals sei man „beleidigt und verunglimpft“ worden. Unmut machte sich breit - mit der Schärfe dieser Worte hatte keiner gerechnet. Nie habe es konstruktive Kritik gegeben, führte Overath weiter aus und bat darum, mit Kritik bis zum Ende seiner Ausführungen zu warten. „Danach können Sie pfeifen, so lange sie wollen“, sagte er. Mit 66,4 Prozent (1528 Ja-Stimmen) wurde das Präsidium diesmal entlastet.

Noch zu Beginn von Overaths Rede deutete nichts auf den Rücktritt hin. „Mein Verein ist der 1. FC Köln“ - da gab es erstmals viel Applaus. Und als Overath ergänzte, dass der Verein mit Trainer Stale Solbakken und Sportdirektor Volker Finke „zwei gute Leute, die einen tollen Job machen“ verpflichtet habe, wurde der Beifall noch lauter. Overath räumte aber auch ein, Fehler gemacht zu haben: „Wir sind alle nur Menschen.“ Zu diesem Zeitpunkt ließ er noch Kampfeswillen erkennen, als er meinte: „Vier Jahre hintereinander erstklassig zu sein, das reicht uns nicht.“ Kurz darauf folgte die Rücktrittserklärung.

FC-Sportdirektor Finke erklärte später, als sich der erste Schock unter den FC-Mitgliedern gelegt hatte, es sei „der größte Wunsch“ des Vereins, Nationalspieler Lukas Podolski zu halten. Gemeinsam mit Trainer Stale Solbakken will Finke das „Potenzial des Clubs ausschöpfen“. Dabei dürfe der sportliche Erfolg nicht dem Zufall überlassen werden. Emotional wurde Finke, als er erklärte, er habe „viele Stunden neben Overath auf der Tribüne gesessen. Ich weiß, wie viel in ihm passiert.“ Overath bezeichnete die Fans des FC als „Herzstück dieses Vereins“ und wünschte „unserem FC und allen FC-Fans eine erfolgreiche Zukunft und unseren Nachfolgern viel Glück“.

Der 1. FC Köln hatte das zum 30. Juni 2011 endende Geschäftsjahr 2010/2011 mit einem Nettogewinn von 112 000 Euro abgeschlossen. Der Gesamt-Fußballkonzern steht bei seinen Geldgebern mit 30,9 Millionen Euro in der Kreide.

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