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Vielleicht ist auch der Mannschaftsbus voll. Denn sobald es aus Berlin rausgeht, läuft es bei Hertha nicht mehr.

© Guido Kirchner/dpa

Kolumne: Auslaufen mit Lüdecke: Herthas Probleme in fremden Betten

Zum sechsten Mal in Folge hat Hertha BSC auswärts verloren. Unser Kolumnist fragt sich: Haben die Berliner einen Bettenkomplex oder buchen sie einfach die falschen Hotels?

Hertha BSC hat ein Auswärtsproblem. Zum sechsten Mal in Folge verlieren die Berliner in fremden Stadien. Zu Hause dagegen wird alles gewonnen. Wie kann das sein? Trainer Pal Dardai meinte nach dem Spiel, es könnte vielleicht an den Hotels liegen. Ja, das könnte vielleicht sein. Oder es liegt an den Betten. Könnte auch sein.

Ich bin viel beruflich unterwegs und kann jedenfalls bestätigen, dass schlechte Hotels einem schon die Laune verderben können. Das schlägt sich dann auf die Arbeitsleistung nieder. Was bucht denn Hertha so? Wäre interessant, zu wissen. Jugendherbergen? Budget-Hotels vielleicht? Spart Hertha möglicherweise am falschen Ende? Achtbettzimmer? Mit WC auf dem Gang? Sind die Betten zu kurz? Die Matratzen zu durchgelegen? Verliert man deshalb jedes Spiel in der Ferne?

Trotzdem muss ich da eine Einschränkung machen. So schlecht kann doch keine Matratze sein, dass Modeste gleich drei Tore gegen unsere Abwehr schießt. Im Vorfeld des Spiels hatte Dardai noch auf die Gefährlichkeit des Franzosen hingewiesen. Man würde ihn irgendwie an die „Kette legen“ wollen, hieß es.

Im Nachhinein muss man sagen: Leider sehr lang geraten, die Kette. Schon nach vier Minuten war der Plan hinfällig. Das ist umso erstaunlicher, da der Kölner Mittelstürmer eine zu große Hose trug. XXL statt XL! Bei zwei Konterangriffen rutschte ihm die Bekleidung bis in die Kniekehlen, was ihn aber nicht daran hinderte, die Vorstöße jeweils mit einem Tor abzuschließen.

Auch im Europapokal gibt es Auswärtsspiele

Während er also mit den Widrigkeiten des Lebens positiv umzugehen wusste, nahmen die Herthaner die Benachteiligungen ihrer Herberge mit, und zwar bis weit in die erste Halbzeit. Da stand es dann 0:3. Der Unterschied ist wohl, dass Modeste bereit gewesen wäre, seine Tore notfalls auch ohne Hose zu erzielen. Während die Herthaner ihren Bettenkomplex nicht abzuschütteln wussten.

Vielleicht ist es das, was Trainer Dardai nachher meinte, Modeste sei eine „andere Dimension“. Während der Kölner Stürmer mit rutschender Hose an den Berliner Abwehrspielern vorbeisprintete, dachten diese immer noch: „Gott, habe ich schlecht geschlafen.“ Und schliefen weiter.

Schade. Denn würde Hertha hin und wieder auch mal auswärts ein Pünktchen holen, dann wäre diese Saison möglicherweise noch viel mehr drin. Aber auch Europa League oder sogar Champions League bedeuten in letzter Konsequenz nur wieder neue Auswärtsspiele. Wieder fremde Hotels, wieder andere Betten. Und dann geht alles wieder von vorne los. Die Aufgaben für die neue Saison werden langsam deutlich: Ein paar frische Transfers. Und eine Bettenberatung.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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