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Der Ingolstädter Stürmer Kachunga sollte aufgestellt werden und auch spielen. Er hatte aber vergessen, sein Handy einzuschalten.

© imago/Horstmüller

Kolumne: Auslaufen mit Lüdecke: Liebe Bundesliga... ach, vergiss es einfach!

Was war das wieder für ein Wochenende! Verrückt, oder? Einer vergisst sein Taschengeld im Taxi, einer sein Telefon. Nur um Hertha BSC muss man sich nicht sorgen, findet unser Kolumnist.

Es geht langsam auf die Zielgerade, und die Vereine ziehen die letzten Register. Eintracht Frankfurt hat noch mal kurzfristig den Trainer gewechselt, um von offizieller Seite alles möglich zu machen. Und siehe da: Es war alles möglich! Nachdem man unter dem alten Trainer die letzten sieben Spiele in Folge nicht gewinnen konnte, gelang nun die Niederlage im achten Spiel unter einem ganz anderen Übungsleiter. Das war enorm wichtig, damit die Spieler endlich den Kopf frei bekommen. Denn in der Schlussphase der Liga steigt die psychologische Beanspruchung stark an und bei manchen Akteuren zeigen sich erste psychische Verschleißerscheinungen. Vergesslichkeit zum Beispiel.

So sollte der Ingolstädter Stürmer Kachunga aufgestellt werden und auch spielen. Er hatte aber vergessen, sein Handy einzuschalten. Dadurch konnte ihn sein Trainer nicht erreichen. Er hatte alles probiert: Anruf, E-Mail, Whatsapp, Facebook – nix. Total blöd, so was. Denn Erreichbarkeit ist in unserer medialen Kommunikationsgesellschaft ein ganz zentrales Thema. Man munkelt, diese kleine Schusseligkeit soll der Karriere des Stürmers nicht unbedingt förderlich sein.

Max Kruse von Wolfsburg vergaß, wie wir gerade erfahren durften, in einem Berliner Taxi 75 000 Euro. Tja, liegen gelassen. Irgendwo in der Kantstraße soll das passiert sein. Was Kruse da um 5 Uhr morgens mit 75 000 Euro gemacht hat, weiß man nicht. Was das Geld inzwischen macht, weiß man allerdings auch nicht.

Bei Hannover 96 liegen die Dinge genau umgekehrt. Sie haben dort zwar nichts vergessen, könnten es aber. Locker. Die Bundesliga zum Beispiel. Können sie wirklich vergessen. Letzter und sieben Punkte Rückstand auf den Vorletzten. Nach der Heimniederlage gegen Köln gab es einen Vorfall, der von den professionellen Beobachtern als eine Art „Striptease-Gate“ kritisiert wurde. Denn die Fans aus Hannover zwangen nach dem Schlusspfiff ihre eigenen Spieler, die Trikots auszuziehen, weil sich inzwischen die Einschätzung durchgesetzt hatte, sie seien es nicht wert, die Vereinsfarben zu tragen. Finde ich auch keine gelungene Aktion. Noch bedenklicher finde ich allerdings, dass die Hannoveraner Spieler diesem Ansinnen nachgaben. Als wollten sie selbst bekunden: „Stimmt. Wir sind es nicht wert.“ Irgendwie kein gutes Zeichen, im Abstiegskampf.

Wir befinden uns ja jetzt in der Phase der Liga, in der man sich traditionell Sorgen machen muss um Hertha BSC. Aber sie stehen immer noch dort, wo sie zum Abschluss der Hinrunde standen: auf Platz drei mit drei Punkten Vorsprung! Und das nach einem sensationellen Sieg gegen Schalke. Was für ein Spiel! Trainer Dardai feierte den Erfolg mit einem halben Schwein, das auf dem Bauernhof seiner Oma geschlachtet wurde. Es sei ihm gegönnt. Ich glaube allerdings, wenn das mit Hertha so weitergeht, kann er das mit dem halben Schwein vergessen. Da braucht er einen ganzen Büffel.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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