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Ohne Startnummer geht nichts. Unser Auto hat die 1124.

© promo

Kolumne: Ich - Ironman (26): Das Ziel ist das Ziel

Unser Autor wird diesen Sonntag am deutschen Ironman in Frankfurt teilnehmen. Ihm steht eine Hitzeschlacht bevor. Um das Ziel zu erreichen, würde er sogar einer Oma das Rad stehlen.

Jetzt, wo alles getan ist, das Rad optimiert, der Wettkampfdress gewählt, die Menüfolge vom Frühstück bis zum Zieleinlauf festgelegt, jeder denkbare Experte befragt, die Strecke erkundet, die Anreise zum Start geklärt, die moralische Unterstützung am Streckenrand sichergestellt und die Startnummer abgeholt, jetzt, wo es kein Zurück mehr gibt, bleibt doch eigentlich nur noch, übers Wetter zu reden. Ich hatte ausdrücklich 19 Grad bestellt, morgens leicht bewölkt, später beim Marathon garniert mit einsetzendem Nieselregen, pünktlich zum Zieleinlauf fotogerechten Sonnenschein. Dass Petrus kein Verständnis für bekloppte Triathleten hat, zeigt die Wetterprognose für Sonntag: heitere 27 Grad werden den Ironman zur Hitzeschlacht machen. Was bedeutet das für mein Ziel?

Zunächst einmal können Nichtschwimmer wie ich nun definitiv vom Neoprenanzug über Wasser gehalten werden. Die niedrigen Temperaturen in den vergangenen Wochen haben den Langener Waldsee so stark runtergekühlt (derzeit 20,3 Grad), dass er bis zum Wettkampftag unmöglich die magische Grenze von 24,5 Grad erreichen wird. Sorry Petrus, du bist doch ein ganz vernünftiger Kerl. Da ich mir eine mindertalentierte Schwimmzeit von einer Stunde und 15 Minuten vorgenommen habe, dürfte es um mich herum sehr voll werden. Insbesondere beim Gedanken an das Hauen und Stechen im Wasser beruhigt mich deshalb die frühe Gewissheit, meine Schwimmhilfe tragen zu dürfen.

Am Renntag klingelt um 4 Uhr der Wecker

Um 4 Uhr klingelt am Sonntag der Wecker, dann werde ich mir den Dr.-Wolfgang-Feil-Kraftschleim anrühren und eintrichtern, die Wettkampf-Trinkflaschen mit der Siegermischung füllen und mich mit Sonnencreme marinieren. Um 4.45 Uhr steigen der inzwischen furchtsame Athlet und seine beiden Begleiter ins Taxi zur Bühne des ersten Aktes. Nach einer einsamen Nacht im Freien wecke ich in der Wechselzone dann mein geliebtes Alurad und entferne noch schnell die Berge von Grußbotschaften und Durchhalteparolen aus den Bremszügen, Flaschenhaltern und Speichen. Anschließend schlüpfe ich in meinen Neoprenanzug. Dann kann beginnen, worauf ich seit Monaten hin fiebere und seit einigen Tagen hin bange.

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Ein Spaßvogel von Leser hat mir diese Woche geschrieben, ich möge gefälligst eine ordentliche Zeit auf den Asphalt brennen, so viel Expertenwissen wie ich mir von diversen Fachleuten eingeholt hätte. Der Gute kann natürlich nicht wissen, wie oft ich geübt habe, ein Ironman zu werden. Das werde ich bis zum Überqueren der Ziellinie auch besser für mich behalten, bei Nichtüberqueren für immer. Aber das kommt ja gar nicht in Frage. Ich würde im Falle eines kompletten Raddefekts zur Not kurzerhand sogar das rostige Hollandrad einer zuschauenden Oma kapern und an den Main reiten – natürlich erst nach vorschriftsmäßiger Transplantation der Startnummer. Ich würde den Römer hoch ins Ziel krabbeln, wenn die Waden keine andere Bewegung mehr zulassen.

Unser Autor liebäugelt mit einer Zeit um die elf Stunden

Was für ein Ziel soll ich mir also setzen? Irgendwie liebäugle ich mit elf Stunden, aber der Weg ist weit, es kann so viel passieren. Der erste Ironman bleibt allem Training, allen Testwettkämpfen zum Trotz ein Aufbruch ins Ungewisse, eine Expedition in den Randbereich des körperlich Möglichen. Hoffentlich sind die ersten drei Ziffern meiner Startnummer kein schlechtes Omen: 112.

An die Aufregung und Angespanntheit vor dem ersten Ironman wird sich wohl jeder schlachterprobte Langdistanzler mit einem Lächeln erinnern. Vielleicht ist es auch das, worum die alten Haudegen die Neulinge beneiden. Zumindest rede ich mir das gerade ein. Also: Das Ziel ist das Ziel.

Wie sich unser Autor bei seinem ersten Ironman schlägt, lesen Sie am Sonntag im Live-Ticker auf www.tagesspiegel.de/ironman.

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