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Es knirscht so schön. Auch auf Schnee kann man laufen.

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Kolumne: So läuft es: Der Winter macht stark!

Im Winter fühlt man sich als Läufer verletzlicher. Aber genau daraus kann man viel Kraft ziehen, findet unser Kolumnist.

Der französische Schriftsteller und Philosoph Albert Camus hat einmal gesagt: „Erst im tiefsten Winter erkannte ich, dass in meinem Innern ein unbesiegbarer Sommer herrschte.“

Wer als Läufer den Winter bisher fürchtete, vielleicht sogar auf dem Sofa blieb, wer als Nicht-Läufer erst recht im Winter den inneren Schweinehund nicht überwinden konnte, dem sei gesagt: Albert Camus hat alles richtig gesagt. Wer ab jetzt bis in den März hinein ein wenig Mut hat, wer sich jetzt auf den Weg macht, der wird den Sommer spüren. Den inneren Sommer. Wenn am Morgen die Sonne über der Stadt, den Feldern und den Wäldern aufgeht, wenn die kalte Luft den blauen Himmel zerschneidet, strömt ein ganz anderer Sauerstoff durch die Lungen. Einer, der mitten ins Herz geht, wenn man es zulassen kann. Natürlich ist es richtig, dass gerade das Laufen im Winter das Immunsystem stärkt. Natürlich stimmt es, dass Sport und Licht in einer Zeit mit viel Dunkelheit gut gegen Depressionen wirkt, dass der Körper mehr Kalorien bei Kälte verbrennt. Aber das ist nicht neu. Und das ist nicht wirklich wichtig.

Die Natur ist der beste Lehrer

Camus war kein Läufer. Aber Camus hat etwas ausgesprochen, was der vielleicht wichtigste Grund für das Laufen im Winter ist. Durch die Kälte nehmen wir unseren Körper viel deutlicher wahr. Wir sind gefühlt verletzlicher, unsere Sinne funktionieren sensibler. Und genau das ist der Punkt: Es muss diese verletzlichen und sensiblen Momente geben, um innere Stärke zu bekommen. Diese Momente machen stark für alles, was danach kommt. Der Winter ist für die Natur Zeit für Besinnung. Zeit, um sich neu zu sortieren, um neue Kraft zu tanken. Die Natur hält inne, Altes bleibt zurück, damit Neues geboren werden kann. Bäume treiben im Frühling von innen heraus neu aus. Vorsichtig und achtsam erwacht die Natur. Wir sind nur ein Teil davon. Und leider ignorieren wir zu oft das, was die Natur uns vorlebt. Sie ist im Grunde der beste Lehrer, besinnen wir uns darauf. Und orientieren uns wieder an ihr.

Der innere Sommer kann süchtig machen

Wer im Frühjahr stark sein will, stärker denn je, sowohl körperlich als auch geistig, für den ist genau jetzt die Zeit gekommen. Genau jetzt. Und die Zeit bis zum Frühling ist eine wunderbare Reise. Eine, bei der es nicht darum geht abzuhärten. Sondern darum, durch die Kälte die innere Wärme wieder zu spüren. Oder neu zu erleben. Eine, bei der es nicht darum geht, Bestzeiten zu trainieren. Sondern darum, die Stille des Winters beim Laufen zu nutzen. Um innere Kraft durch Bewegung zu tanken. Wer sich darauf einlassen kann, wird im Winter so oft laufen wie nie zuvor. Denn innere Wärme, der innere Sommer, der kann sehr süchtig machen. Er kann vor allen Dingen eins: glücklich machen. So läuft es.

Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.

Yoga für die letzten Pfunde: Läufer sollen ihr Hirn anregen.
Yoga für die letzten Pfunde: Läufer sollen ihr Hirn anregen.

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