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Andreas Goldberger (Dritter von links, stehend) ist ein großer Motivator - und Läufer.

© Imago

Kolumne: So läuft es: Lauf! Nicht überlegen! Lauf!

Unser Kolumnist ist beeindruckt von Andreas Goldberger. Er war Skispringer und ist jetzt ein Motivationskünstler, der mit dem Laufen eine wichtige Botschaft verkündet.

Andreas Goldberger ist so 90iger! So unfassbar 90iger. Der Österreicher hat das Skispringen lange geprägt. Er hat zweimal die Vierschanzentournee und dreimal den Gesamtweltcup gewonnen. Andi Goldberger konnte immer nur Vollgas. Und genau das machte ihn für viele so sympathisch. Weil er immer auch Mensch war. Und ehrlich. Und echt.

1997 gestand er, dass er Kokain genommen hatte. Kurz zuvor gab es in den Medien wilde Fotos von Partys, Mädels, guten Drinks, und wohl auch jede Menge Schnee. Allerdings kein Schanzen-Schnee. „Goldi“ hat alles mitgenommen und doch hat er immer eine klare Botschaft vermittelt: „Erfolg ist die beste Medizin gegen alles“, hat er einmal gesagt. Und das ist bis heute so geblieben. Er ist ein Mann der Tat. Andi Goldberger kann auch heute nur Vollgas. Nur setzt er das ganz anders ein. Wenn er etwas tut, dann zu 150 Prozent. Daran hat sich nichts geändert. Mit dieser Einstellung ist er einer der besten Motivationskünstler der Welt. Goldi ist Laufmotivation pur!

Am Sonntag durfte ich erneut den Wings For Life Worldrun als Experte im Fernsehen kommentieren. „Laufen wir für die, die nicht laufen können“, ist das Motto der Veranstaltung, das weltweit wohl das größte Charity-Laufevent überhaupt geworden ist. Über 130 000 Menschen starteten in 33 Ländern der Erde gleichzeitig. Alle wurden gejagt und eingeholt vom sogenannten Catcher Car, das 30 Minuten nach dem Start hinter dem Feld herfährt. Und immer schneller wird. So sind am Sonntag über sechs Millionen Euro zusammen gekommen.

Andreas Goldberger setzt sich seit Jahren für Wings For Life ein. Und läuft mit. Es gibt viele unglaubliche Geschichten rund um Wings For Life. Keine Frage. Aber als Andi Goldberger immer weiter und weiter läuft, bin ich froh, dass ich in diesen Minuten nur auf den Monitor schauen darf. Ich hätte wenig sagen können. Ein Gänsehaut-Moment. Goldi näherte sich der 42-Kilometer-Marke. Das Catcher Car hatte ihn fast eingeholt. In seinem Gesicht war vor allen Dingen eines zu sehen: Schmerz! Und Wille! Unfassbarer Wille, die Marathondistanz laufen zu wollen. Die Kamera schwenkte auf seine Beine, die wie labbrige Anhängsel wirkten. Kraftlos, dünn, kaputt. Wie wenn Skispringer laufen eben. Während seines Kampfes wurde er von einer TV-Kollegin interviewt, die neben ihm auf dem Motorrad fuhr. Sie fragte ihn, wie er denn so weit laufen könne? Goldi antwortete: „Ich laufe einfach. Ich tu’s einfach. Ich denk nicht lang drüber nach. Einfach los. Alles andere bringt doch nix. Frag ned so blöd“, er grinste dabei. Einige Momente später hatte er es tatsächlich geschafft. 42 Kilometer. Marathon. Persönliche Bestzeit. Er antwortete auf keine Interviewfrage mehr. Er verkündete nur die Botschaft, die ihm wichtig war: „Ich bin für die gelaufen, die nicht laufen können. Darauf kommt es mir an. Nix anderes ist wichtig.“ Und ging.

Ein Mann, der einmal seine Einstellung so beschrieb: „Pokal oder Spital“, hat eine Mission. Die Mission, Gutes zu tun. Und er motiviert tausende Menschen, endlich zu laufen. Es einfach zu tun, ohne zu zögern. Mit ganzem Herzen. So läuft es.

Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.

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