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Kommentar: 80 Jahre für einen K.o.

Das deutsche Amateurboxen ist auf seinem Tiefpunkt angekommen. Ein Kommentar von Susanne Rohlfing.

Der deutsche Boxsport erlebt garede ein Hoch. Auf allen Fernsehkanälen werden Kämpfe gezeigt – Profikämpfe. Der deutsche Boxsport erlebt gerade ein Tief. Bei den Olympischen Spielen in Peking sind bereits alle Boxer ausgeschieden – Amateurboxer.

Beide Phänomene bedingen sich gegenseitig. Das deutsche Amateurboxen ist im Schatten des Profiboxhypes still und heimlich auf seinen Tiefpunkt zugesteuert. Nun ist er erreicht: Kein deutscher Athlet hat die erste olympische Runde überstanden. Einen solchen kollektiven K.o. gab es seit 80 Jahren nicht mehr.

Die Entwicklung trägt viele Namen: Wladimir Klitschko (ein Ukrainer), Zsolt Erdei (ein Ungar), Alexander Kotelnik (ein Ukrainer), Wladimir Sidorenko (ein Ukrainer) oder Alexander Powetkin (ein Russe). Sie alle gewannen Olympiamedaillen, sie alle kamen in deutschen Profiställen unter. Ebenso wie die vielen Trainer, die ihr Handwerk zu DDR-Zeiten erlernten und Athleten wie Henry Maske, Sven Ottke oder Torsten May zu Amateur- und Profierfolgen führten: Fritz Sdunek, Michael Timm, Uli Wegner oder Manfred Wolke. Und die deutschen Amateure? Sie ließen sich immer früher von den Profiställen anheuern. Das Vorprogramm bei den Kämpfen der Stars musste ja gefüllt werden. Und bei so viel Box-Sendezeit in Deutschland muss die Profikarriere ja weit verlockender erscheinen als die langwierige Amateurlaufbahn.

Jetzt rächt sich das. Es zeigt sich, dass der ausufernde Profiboxwahn dem Sport nicht gut tut. Denn fest steht: Eine erfolgreiche Amateurkarriere ist und bleibt die beste Grundlage für den großen Durchbruch im Profiboxen.

Susanne Rohlfing

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