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Kommentar: Die Mauer des Schweigens wandert

Der Aufstieg Spaniens zur Sportgroßmacht weist erstaunliche zeitliche Parallelen zum Wirken des Doktor Fuentes auf. Doch Christian Hönicke glaubt nicht, dass Doping ein rein spanisches Problem ist.

Von Christian Hönicke

Das Radfahren ist der böse Bube des internationalen Sports. Spätestens seit den Enthüllungen um und von Lance Armstrong kann und darf jeder davon ausgehen, dass Doping im Peloton nicht die Ausnahme, sondern die Normalität ist. Der Radsport ist gefallen, ein einfaches Opfer, auf das man mit dem Finger zeigen kann. Ein prominentes Gesicht dieser Kaste der Geächteten ist der spanische Blutpanscher Eufemiano Fuentes, der sich von heute an vor einem spanischen Gericht verantworten muss.

Der Fall Fuentes symbolisiert einerseits das Bröckeln der Mauer des Schweigens, die den Radsport so lange umgeben hat. Das ist eine gute Nachricht für alle, die die Hoffnung auf sauberen Sport nicht aufgeben wollen. Andererseits zeigt er auch, wie stark die Kräfte des Schweigens weiterhin sind. So stießen die Ermittler bei der „Operación Puerto“ 2006 offenbar auf weitere Erkenntnisse, die niemand hören wollte. Nicht nur Radfahrer, auch Fußballer, Tennisspieler und Leichtathleten sollen Fuentes’ Kunden gewesen sein. Doch diese Verbindungen, die Fuentes einst sogar selbst einräumte, werden im Prozess wohl nicht thematisiert werden.

Dabei weist Spaniens Aufstieg zur Sportgroßmacht erstaunliche zeitliche Parallelen zum Wirken des Doktor Fuentes auf. Zauberfußball, Powertennis und Leichtathletikrekorde genießen jedoch offenbar bis in höchste politische Kreise so hohes Ansehen, dass man nicht genauer klären möchte, ob auch illegales medizinisches Know-how zu den Erfolgen beitrug. Wer das für ein spanisches Problem hält, der irrt. Dass der gefeierte künftige Bayern-Trainer Guardiola als Spieler des Dopings überführt wurde, scheint auch viele deutsche Fußballfans nicht zu interessieren.

Die Mauer des Schweigens, im Radsport mag sie bröckeln. An anderer Stelle wird sie dafür einfach wieder aufgebaut.

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