zum Hauptinhalt
Profiboxer dürfen in Rio erstmals um olympische Medaillen kämpfen.

© dpa

Kommentar: Eine zu schnelle Entscheidung

Profiboxer dürfen in Rio zum ersten Mal um olympische Medaillen kämpfen. Die Besten werden trotzdem fehlen. Wem nutzt die Neuerung dann etwas? Dem olympischen Boxen jedenfalls nicht. Ein Kommentar.

Wladimir Klitschko hat einen Wunsch. Noch einmal bei den Olympischen Spielen antreten, so wie 1996 in Atlanta, als er die Goldmedaille gewann. Zwanzig Jahre später würde sich für ihn, den inzwischen längst hochbezahlten Profi, der Kreis in Rio schließen. Theoretisch wäre das möglich, am Mittwoch beschloss der olympische Boxverband Aiba auf seiner Mitgliederversammlung eine notwendige Regeländerung, die Profiboxern den Start bei Olympia erlaubt. Praktisch dürfte es aber schwieriger werden für Klitschko, der am 9. Juli seinen Rückkampf gegen Tyson Fury bestreitet. Zu einem Zeitpunkt, wo in Venezuela bereits das olympische Qualifikationsturnier läuft.

Andere Sportarten haben sich bei Olympia längst für Profis geöffnet

Terminliche Überschneidungen sind nur ein Problem der lange erwarteten Annäherung zwischen Profi- und Amateurboxen. Die Entscheidung der Aiba erscheint überhastet und unausgewogen. So überhastet und unausgewogen wie alles, was zwei Monate vor einer großen Veranstaltung beschlossen wird. Statt sich im letzten Augenblick einem neuen, sehr breiten Starterfeld zu öffnen und noch schnell ein Qualifikationsturnier davor zu quetschen, von dem jetzt noch niemand die Teilnehmer kennt, hätte es mehr Sinn gemacht, die Änderung erst für die kommenden Spiele in Kraft treten zu lassen. Wenn bekannte Sportler wie Klitschko und Fury, der ebenfalls Interesse an den Spielen in Rio angemeldet hatte, nicht mitmachen können, wem nutzt die Neuerung dann etwas? Dem olympischen Boxturnier jedenfalls nicht. Das hatte in den vergangenen Jahren immer weniger Anklang gefunden, nicht zuletzt weil sich andere Sportarten wie Basketball oder Fußball für die Teilnahme von Profisportlern geöffnet hatten. Nun kommen in Rio auch noch die Golfer hinzu, Rory McIlroy, Jordan Spieth, Bubba Watson – alles klangvolle Namen, die den Zuschauern von der Tour geläufig sind.

Die Profis werden sich in Rio an die kürzeren Kampfzeiten gewöhnen müssen

Da hätten dem Boxen Teilnehmer wie Klitschko und Fury gut getan. Wobei nicht einmal garantiert wäre, dass sie lange im Turnier bleiben würden. Profiboxen geht über zwölf Runden, beim Amateurboxen sind es drei Runden a drei Minuten. Aufgrund der kürzeren Kampfzeit sind die Duelle ganz anders aufgebaut, viele Profis werden sich in Rio enorm umstellen müssen. Und ehe sie sich an den anderen Rhythmus gewöhnt haben, sind sie womöglich schon draußen. Siege von unbekannten Amateuren gegen bekannte Profis würden dem Amateurboxen wieder mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Vielleicht ist das ja ein Szenario für Olympia 2020, sofern die Öffnung der Aiba bis dahin noch gilt.

Wladimir Klitschko dürfte aber auch dann nichts mehr davon haben. Die Spiele in Japan werden für den dann 44-Jährigen wohl endgültig zu spät kommen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false