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Bundestrainer Joachim Löw weiß um die Erwartungshaltung und widerspricht ihr auch nicht.

© dpa

Kommentar: Gespür für Gefahr

Unser Autor beschreibt, wie der Weg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zum WM-Titel 2014 in Brasilien aussehen kann.

Dass Jupp Heynckes vor dem Länderspiel gegen Österreich mit der großen Fairplay-Medaille des DFB ausgezeichnet wird, ist ausgemachte Sache. Wegen seiner Verdienste um den deutschen Fußball und nicht zuletzt seiner Menschlichkeit, die er sich bewahrt hat. Dazu gehört sicher auch, unbequeme Überzeugungen zu vertreten und zu äußern. Wie diese, wonach es mit dem Teufel zugehen müsse, wenn Deutschland im kommenden Jahr nicht Weltmeister werde.

Der FC Bayern (und in gewisser Weise auch Borussia Dortmund) habe in Wembley gezeigt, wie stark der deutsche Fußball sein kann. Der WM-Titel in einem Jahr sei mehr als nur im Bereich des Möglichen. „Die deutsche Nationalmannschaft verfügt über ein riesiges Potenzial. Jetzt wird Jogi Löw alles zusammenfügen“, sagte Heynckes.

Ein wenig erinnert die Aussage an die von Franz Beckenbauer. Der hatte nach dem deutschen WM-Sieg 1990 und inmitten der Wirren der deutschen Einheit seinem Nachfolger Berti Vogts mit auf den Weg gegeben, auf Jahre hinaus unschlagbar zu sein. Beckenbauer sprach damals aus, was wirklich viele deutsche Fußballfans dachten. Und auch Heynckes hat seine Meinung nicht exklusiv. Mit dieser Ansammlung begabter und erfolgreicher Vereinsfußballer muss der Titel möglich sein.

Diese Ansicht trifft die deutsche Nationalelf und ihren Trainer in einer kriselnden Verfassung. Joachim Löw weiß um die Erwartungshaltung und widerspricht ihr auch nicht. Nur hat auch er seine Überzeugung, wie er sie zu erfüllen gedenkt. Seine ausschließlich nach vorn ausgerichtete Spielweise werde nicht korrigiert, betont der Bundestrainer.

Zunächst muss Löw das heilige Abwehrchaos in den Griff kriegen. Auf die Frage, wie viele Gegentore seine Mannschaft denn von Österreich eingeschenkt bekomme, antwortete er: „Wir schießen in jedem Fall mehr Tore, als wir bekommen.“

Löw bleibt bei seinem Denken, obgleich er ein mutiges und angriffslustiges Österreich erwartet. Man werde sich jetzt nicht tief in die eigene Abwehr zurückziehen, sich also nicht „verschanzen“ und auf Konter spielen.

Defensiv gut stehen, das gibt es für Löw nicht. Er will, dass seine Mannschaft defensiv gut agiert. Nur wer agiere, auch in der Defensive, könne Spiele gewinnen. „Aggressiv und intensiv gegen den Ball agieren“, sagt Löw. Das fange bereits im Sturm an. So viel zum Thema Defensive.

Löws Überzeugung ist nachvollziehbar. Wie die von Heynckes. Sie widersprechen sich nicht einmal. Am Ende geht es um die Umsetzung. Heynckes hat seiner erfolgreichen Mannschaft ein Gespür für Gefahr mit auf den Weg gegeben, wodurch sie für andere so gefährlich geworden ist.

Kann das der deutsche Weg zum Titel sein? Löw wird die Antwort geben müssen. Denn ohne Titel keine Medaille.

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