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Kommentar: Michael A. Roth: Blumen für den Teppichhändler

Und noch ein Umbruch: Bei Aufsteiger 1. FC Nürnberg geht der langjährige Chef Michael A. Roth. Christian Hönicke über das Gespür für stilvolle Abgänge

Es gibt viele Attribute, die große Führungspersönlichkeiten auszeichnen. Eines der am meisten unterschätzten ist die Fähigkeit zum stilvollen Abgang. Selbst die Macher mit dem besten Gespür verlieren es häufig, wenn es um den richtigen Zeitpunkt für ihr Adieu geht. Manche klammern sich bis zuletzt an ihre Macht und werden dann nicht selten wie lästige Hausierer davongejagt, statt erhobenen Hauptes mit einem schönen Blumenstrauß für ihre Verdienste vom Hof zu schreiten. Auch Michael Adolf Roth bekam seine Blumen nicht sofort – aber nur deswegen, weil er den besten aller Zeitpunkte für seinen Abgang gewählt hat: als niemand damit rechnete. Der vielleicht letzte Patriarch der Fußball-Bundesliga, der Mann, der der 1. FC Nürnberg war, hört auf. Einfach so.

Natürlich ist Roths Rückzug kein Akt der uneingeschränkten Freiwilligkeit. Auch der tatenfreudige Präsident konnte die Zeichen der Zeit nicht länger mit Tatendrang hinfortschieben. Die Ära der Alleinherrscher im Spitzenfußball neigt sich zumindest in Deutschland dem Ende entgegen, Roths Einfluss im Verein war geringer und der Widerstand größer geworden, sein Teppich-Imperium verlangte im Angesicht der Finanzkrise nach mehr Zuwendung. Doch es gehört viel dazu, diese Zeichen zu erkennen und sie richtig zu deuten. Der 73-Jährige, der den FCN mit seiner festen Umarmung sowohl gerettet als auch eingeschnürt hat, hat das getan und seinen Verein freigegeben, bevor er ihm entrissen wurde. Allein dafür gebühren ihm Blumen – die bekam Roth übrigens mit einem Tag Verspätung.

Ob Dieter Hoeneß einen Strauß von Hertha erhält, ist dagegen nicht bekannt.

Christian Hönicke

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