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Kommentar: Mit Sicherheit wahrscheinlich

Mathias Klappenbach gewöhnt sich an die neuen Anti-Dopingregeln, die nun im Fall Pechstein zur Anwendung kommen.

Der allergrößte Teil des Publikums möchte gerne Sport ohne diese Betrüger sehen, die immer einen Schritt denen voraus sind, die sie mit Beweisen überführen müssen. In seiner Not hat der Sport seine Regeln nun geändert. Mit weitreichenden Auswirkungen. Die Unschuldsvermutung, die jetzt von vielen Seiten für Claudia Pechstein gegenüber dem Eisschnelllaufverband ISU eingefordert wird, gilt nicht mehr. Und für eine Strafe sind keine Beweise mehr nötig, inzwischen reichen auch Indizien.

Darunter versteht man einen Hinweis, der für sich allein oder in einer Gesamtheit mit anderen Indizien den Rückschluss auf das Vorliegen einer Tatsache zulässt. Im Allgemeinen ist ein Indiz mehr als eine Behauptung, aber weniger als ein Beweis. Aber es geht nicht nur um Indizien, ab jetzt geht es um die Wahrscheinlichkeit von Indizien. Die Wahrscheinlichkeit ist eine Einstufung von Aussagen und Urteilen nach dem Grad der Gewissheit. „Angesichts der Schwere des Vorwurfs und der Sperre muss die Wahrscheinlichkeit für die ISU eine an Sicherheit grenzende sein“, sagt folgerichtig Simon Bergmann, der Anwalt von Pechstein. Bei welcher Nachkommastelle die Grenze zur Sicherheit erreicht ist, können nur Experten klären. Sie werden heftig darüber streiten.

Die Dopingjäger wollen mithilfe der neuen Regeln ein Zeichen für sauberen Sport setzen. Das dürfte – ganz unabhängig vom Fall Pechstein – dazu führen, dass der ein oder andere Athlet in Zukunft zu Unrecht bestraft wird. Ist das ein notwendiges Opfer im Dienst der großen Sache, um die alte Welt des Sports noch zu retten? Oder genau der falsche Weg, weil die Sportgerichte, die Gerechtigkeit im Sinne einer Gleichheit herstellen sollen, nur noch schwer miteinander vergleichbare Entscheidungen treffen können? Für dieses Urteil existiert kein Gericht.

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