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Kommentar: Nicht quatschen, fahren!

Christian Hönicke glaubt, dass Kimi Räikkönen im Rallye-Auto glücklich wird. Sein halb erzwungener Abschied aus der Formel 1 bietet die Chance eines Neuanfangs.

Kimi Räikkönen will nur eines: Autofahren. Mit dem ganzen lästigen Rest wie Testarbeit und Kommunikation – ob in der Garage oder bei einem Sektempfang– wollte und will der Formel-1-Weltmeister von 2007 nichts zu tun haben. Schon immer hatte der Finne den Klischees, die über seine Landsleute verbreitet werden, alle Ehre gemacht, doch zuletzt wirkte er bisweilen so apathisch, dass sein Spitzname „Iceman“ wie ein Euphemismus anmutete. Eine solch introvertierte Arbeitsweise ist in der modernen Formel 1, in der die Piloten längst rasende Markenbotschafter geworden sind, nicht mehr zu vermitteln. Sein Arbeitgeber Ferrari hatte deshalb trotz seines unbestrittenen Fahrtalents genug vom schweigsamen Finnen und entließ ihn angeblich gegen ein Schmerzensgeld in zweistelliger Millionenhöhe aus seinem Vertrag. Weil die Verhandlungen mit McLaren ebenfalls scheiterten, fährt Räikkönen künftig in der Rallye-WM für Citroen.

Räikkönen bietet dieser halb erzwungene Abschied aus der Formel 1 die Chance eines Neuanfangs. Vielleicht erwachen im 30-Jährigen während seines zunächst auf ein Jahr befristeten Gastspiels auf den Staubpisten dieser Welt ganz neue Gefühle und er kehrt, wie spekuliert wird, 2011 zurück in die Formel 1 – mit ein bisschen mehr Freude und Engagement. Wahrscheinlicher ist, dass er Gefallen an der Rallye-WM findet. Dort dürfte ihm neben dem deutlich niedrigeren Showfaktor die Rollenverteilung zusagen: Fürs Quatschen ist künftig sein Kopilot Kaj Lindström zuständig, der ihm im Wagen in aller gebotenen Kürze die Richtungsangaben zubelfern wird. Räikkönen selbst muss nicht antworten, er muss sich nur um eines kümmern: ums Autofahren.

Christian Hönicke

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