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Kommentar: Popcorn für die Seleçao

Nach dem 1:1 gegen Russland wundert sich unser Autor nicht über die schwachen Resultate der brasilianischen Nationalmannschaft.

Wer in Brasilien mehr vorgibt, als er in Wahrheit zu leisten im Stande ist, wird Pipoqueiro genannt. Popcornmacher. Neymar musste sich diesen Schmähruf beim 1:1 der Brasilianer gegen Russland gefallen lassen. Wut und Ärger schlug ihm und seinen Kollegen aus der Nationalmannschaft am Montag entgegen. Noch immer wartet die Nation auf den ersten Sieg unter Trainer Luiz Felipe Scolari.

Dabei sind die dürftigen Resultate gut ein Jahr vor der WM in Brasilien keine Überraschung. Wenn man so will, ist die Seleçao der eigentliche Popcornmacher. Brasiliens Auswahl lebt schon länger hauptsächlich vom eigenen Mythos. Den Sprung in die Gegenwart hat der fünfmalige Weltmeister verpasst. Technisch sind die Brasilianer ihren Konkurrenten in der Weltspitze nicht mehr so weit voraus wie noch vor Jahren. Inzwischen können Spanier und Deutsche mindestens genauso gut mit dem Ball umgehen. Und taktisch haben die meisten Spitzennationen Brasilien längst überholt. Das wurde in London gegen die vom italienischen Maestro Fabio Capello bestens eingestellten Russen deutlich. Gerät Brasilien unter Druck, zerfällt die Mannschaft in elf Einzelteile. Echte Weltklassespieler bringt die derzeitige Generation nicht hervor. Der hilflose Versuch beim 1:2 gegen England, mit Ronaldinho den letzten großen Magier wieder zurückzuholen, belegt dieses Vakuum an internationaler Extraklasse. Selbst an Neymar, dem vermutlich größten Talent der aktuellen Mannschaft, wird die Kritik immer lauter. Weil er sein Können bisher nur in der heimischen Liga gezeigt hat, sprechen ihm viele ab, sich auch international durchsetzen zu können. Seine bisherigen Auftritte in der Nationalmannschaft stützen die Vermutung. Dazu kommen die steten Wechsel auf der Trainerposition. Mit Scolari versucht sich seit 2010 schon der dritte Trainer am Unternehmen WM 2014.

Formt Scolari nicht schnellstens eine eingespielte Mannschaft, wird es nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich seine Spieler als Popcornmacher bezeichnen lassen mussten.

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