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Kommentar: Schon immer verkannt

Stefan Hermanns über das Dauerproblem von Michael Ballack.

Im europäischen Fußball gibt es derzeit kaum einen Spieler, der so gegensätzliche Reaktionen hervorruft wie Michael Ballack. Das ist keine neue Erkenntnis, aber in diesen Tagen kulminiert der allgemeine Zwiespalt geradezu: Kaum hat Bundestrainer Joachim Löw die Rückkehr Ballacks auf den Fußballplatz verkündet, da wird bekannt, dass der FC Chelsea den Deutschen nicht für die Champions League angemeldet hat. Während es Löw mit Ballacks Genesung gar nicht schnell genug gehen kann, hält Chelseas Trainer José Mourinho den Mittelfeldspieler inzwischen für weitgehend entbehrlich. Bis Ende des Jahres auf jeden Fall, vielleicht darüber hinaus.

Man könnte aus Chelseas Affront gegen den besten deutschen Fußballer auch einen Affront gegen den deutschen Fußball im Allgemeinen herauslesen. Man könnte. Denn Ballack hat auch in seiner Heimat alle Formen der Geringschätzung längst kennengelernt. Bis heute zum Beispiel hat sich das Land nicht einigen können, ob der Kapitän im vergangenen Jahr eine mäßige oder eine herausragende Weltmeisterschaft gespielt hat. Im kollektiven Torsten-Frings-Fieber ist sein Beitrag zum Gelingen des WM-Projekts schlichtweg verkannt worden.

Das ist typisch. Der FC Bayern hat auch gedacht, er brauche Michael Ballack nicht – und erlebte ohne ihn die dürftigste Saison seit mehr als einem Jahrzehnt. Chelsea scheiterte im Frühjahr in der Champions League – als Ballack verletzt fehlte. Aber soll man vom FC Chelsea wirklich erwarten, dass er daraus die richtigen Schlüsse zieht? Der Klub hält sich für den schärfsten der Welt, obwohl ihm dazu jegliche Voraussetzungen fehlen, Stil genauso wie große internationale Titel. Nur zum Vergleich: Michael Ballack stand bereits öfter im Finale der Champions League als der vermeintliche Weltklub aus London. Genau einmal.

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