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Wolfgang Niersbach kann sich an erstaunlich viele Dinge nicht mehr erinnern.

© Reuters

Kommentar zu DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: Um Kopf und Kragen

Nach den Äußerungen von Wolfgang Niersbach zur WM-Vergabe 2006 stellt sich Sven Goldmann die Frage nach der Eignung des DFB-Präsidenten für sein Amt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sven Goldmann

Ist Wolfgang Niersbach als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes noch geeignet? Diese Frage steht im gar nicht mehr so virtuellen Raum seit der vom „Spiegel“ erhobenen Behauptung, Deutschland habe die Weltmeisterschaft 2006 mit Hilfe schwarzer Kassen akquiriert. Nach sechs Tagen des Wartens und Spekulierens hat Niersbach diesen Raum mit seiner Expertise gefüllt. Das Ergebnis war verheerend – ein PR-Desaster, zu verantworten von einem gelernten Journalisten, dem auch seine ärgsten Kritiker kaum unterstellt hätten, er verstehe sich nicht auf den Umgang mit der Öffentlichkeit. 40 Minuten lang lavierte Niersbach zwischen Unwissenheit und Gedächtnislücken. Er könne sich nicht erinnern, auch nichts ausschließen, die WM sei aber keineswegs gekauft worden, großes Präsidenten-Ehrenwort.

Es stehen vor dieser Frage nach Niersbachs Eignung für das höchste Amt im deutschen Fußball zwei mögliche Deutungen. Im für ihn günstigen Fall ist er wirklich so frei von allem Wissen. Dann hat er keine Ahnung davon, wann und warum 6,7 Millionen Euro zwischen DFB, Fifa und einer Privatperson, dem früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus, zirkulierten. Dann ist sein einziger Beleg dafür, wie es eventuell gewesen sein könnte, ein Gespräch mit Franz Beckenbauer, von dem bekannt ist, dass er Konrad Adenauers Sentenz von der Unwichtigkeit gestrigen Geschwätzes zur Maxime seines Handelns erhoben hat.

Doch Niersbach ist kein Betriebswirt. Niemand verlangt von ihm, dass er die komplexen finanziellen Zusammenhänge eines milliardenschweren Großprojekts wie der Fußball-Weltmeisterschaft aus dem Stegreif referieren kann. Sehr wohl aber darf vom Präsidenten des weltgrößten Fußballverbandes erwartet werden, dass er sich angemessen beraten lässt und nicht so unvorbereitet vor die Öffentlichkeit tritt, wie er es bei der Pressekonferenz vielleicht war. So viel zum für Niersbach günstigen Fall.

Im ungünstigen Fall weiß der Mann sehr wohl, was da gespielt worden ist und immer noch gespielt wird. Dann deklamiert er nur in Perfektion den Part des Ahnungslosen und spekuliert auf Absolution mangels Fachwissen. Die Conclusio ist in beiden Fällen dieselbe. Am Donnerstag hat Wolfgang Niersbach nicht viele Argumente für seine Eignung als DFB-Präsident geliefert.

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