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Bitte hier entlang: Ein Fan wird von den Sicherheitskräften für eine "Ganzkörperkontrolle" in das dafür vorgesehene Zelt gebeten.

© dpa

Kommentar: Zudringlich im Zelt

Anhänger von Eintracht Frankfurt werden in München für Ganzkörperkontrollen in ein Zelt abgeführt. Ganz im Sinne des geplanten Sicherheitspapiers der Liga gegen Fangewalt. Ob die Zuschauer nun fast alles oder nur die Jacke ausziehen müssen - es ist nicht verhältnismäßig, findet unser Autor.

Am Samstag gab es einen Blick in die mögliche Zukunft: Vor dem Spiel Eintracht Frankfurts bei Bayern München führten Polizei und Ordnungsdienst Gästefans in zwei Zelte, für Ganzkörperkontrollen. Diese Maßnahme ist Teil des umstrittenen Sicherheitspapiers der Liga gegen Fangewalt, könnte also bald deutschlandweit stattfinden.

Die Aktion in München sei auf Initiative der Polizei von einer neutralen Sicherheitsaufsicht des DFB durchgeführt worden, teilte der FC Bayern mit. Stichprobenartig seien lediglich 30 bis 40 der 6655 Frankfurter Fans „gründlicher durchsucht“ worden. Nach Pyrotechnik, aber auch nach Megaphonen, Spruchbändern und großen Schwenkfahnen, die bei diesem Spiel nicht erlaubt waren. Fananwälte sehen Grundrechte verletzt. Laut FC Bayern hätten sich die Fans aber nicht, wie es hieß, fast vollständig ausziehen müssen, sondern „maximal die Jacke“, zudem seien Taschen durchsucht worden.

Beiden Seiten ist wohl nur eingeschränkt zu glauben. Einige Frankfurter Fangruppen haben sich durch zahlreiche Krawalle in den vergangenen Jahren eine besondere Beobachtung verdient, auch wenn es diesmal kein Risikospiel war. Aber es wirkt schräg, willkürlich Fans in Zelte abzuführen, um dann nicht intensiver zu kontrollieren als es die Ordner am Eingang ohnehin tun (sollten).

Die Frage bei solchen Kontrollen lautet stets: Wie viel Freiheit gibt man für wie viel Sicherheit auf? In diesem Fall stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht. An Flughäfen nehmen Passagiere Kontrollen in Kauf, damit ihr Leben geschützt wird. Wofür lassen sich nun die Friedfertigen unter den Fans abführen und in geschlossenen Räumen abtasten? Um andere abzuschrecken, Rauch zu machen und Fahnen zu schwenken? Pyrotechnik ist ein Ärgernis, aber eines, das sich auch durch Leibesvisitation nicht ganz verhindern lässt. Kontrollen provozieren gewaltbereite Fans eher. Aus Protest blieben hunderte Frankfurter vor dem Münchner Stadion, es gab Tumulte mit der Polizei, 13 Festnahmen. Gewalt ist das weitaus größere Problem.

Die Münchner und die bayerische Polizei wollen weiter kontrollieren, wenn pyroauffällige Fans zu Gast sind. Falls das Sicherheitspapier gegen Fangewalt in Kraft tritt, kann jeder einmal handfest spüren, wie sich ein rauchfreies Stadion anfühlt.

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