zum Hauptinhalt
Rücktritt mit einem Lächeln. Philipp Lahm hat mit der Nationalelf alles erreicht.

© Reuters

Kommentar zum Rücktritt von Philipp Lahm: Die Dankbarkeit kommt später

Philipp Lahm wird von den Fans mehr geachtet, denn bewundert. Trotzdem hat er einen großen Anteil an den jüngsten Erfolgen der deutschen Nationalmannschaft. Die Lücke, die er hinterlässt, wird deshalb wohl erst mit Verspätung deutlich. Ein Kommentar.

Respektiert, geachtet, geschätzt – Philipp Lahm hat sich während seiner Karriere im Nationalteam einen nahezu makellosen Ruf erarbeitet. Seine stets professionelle und bisweilen streberhaft wirkende Art hat allerdings auch dazu beigetragen, dass ihn die deutschen Fans eher distanziert betrachtet als bedingungslos geliebt haben. Selbst im Augenblick des Triumphs hat der Kapitän nur wenig von der grenzenlosen Euphorie und Dankbarkeit abbekommen, die über der Mannschaft ausgeschüttet wurden. Dabei hatte Lahm im Finale ein herausragendes Spiel abgeliefert, wieder einmal. Den Jubel ernteten andere.

Wo also wird man Philipp Lahm, diesen Musterprofi, perfekten Schwiegersohn und Fußballer ohne Schwachstellen, eines Tages einordnen? Knapp hinter Franz Beckenbauer und Fritz Walter? Oder kurz vor Jürgen Kohler und Michael Ballack? Lahms Resümee ist beeindruckend: Er hat 113 Mal das Nationaltrikot getragen und an drei Europameisterschaften und drei Weltmeisterschaften teilgenommen, nur bei der EM 2004 wurde er nicht ins All-Star-Team gewählt.

Zwischen 2004 und 2014 hat Lahm eine Ära geprägt, in der der deutsche Fußball eine Wiederauferstehung gefeiert hat, gekrönt vom WM-Titel 2014. Zum Vergleich: Nationalheiligtum Uwe Seeler hat 41 Länderspiele weniger und nie einen Titel mit dem Nationalteam gewonnen. Lahm ist trotzdem weit davon entfernt, zu „Uns Philipp“ aufzusteigen. Aber muss er das überhaupt?

Es gehört auch zu Lahms Verdiensten, dass der deutsche Fußball die Epoche der Egomanen hinter sich gelassen hat, dass Einzelinteressen dem Ziel des Teams untergeordnet werden. 2014 erscheint das so selbstverständlich wie Lahms perfektes Stellungsspiel, sein abgeklärtes Zweikampfverhalten und seine beeindruckende Passquote. Es kann aber auch wieder eine Zeit kommen, in der es in der Nationalelf weniger harmonisch zugeht – und weniger erfolgreich. Dann wird man sich an Philipp Lahm erinnern. Und sich vielleicht nach seiner geräuschlosen Professionalität und stillen Führungskraft zurücksehnen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false