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Angelique Kerber feiert ihren Sieg bei den Australian Open.

© AFP

Kommentar zum Sieg bei den Australian Open: Eine neue Dimension für Angelique Kerber

Angelique Kerber beweist, was mit Leidenschaft und Willen im Tennis möglich ist. Doch jetzt wartet eine neue Aufgabe auf die Siegerin der Australian Open. Ein Kommentar.

Als Steffi Graf 1999 als letzte deutsche Tennisspielerin ein Grand-Slam-Turnier gewann, war Serena Williams schon dabei. Die damals 17-Jährige erreichte in Paris bei den French Open die dritte Runde, bei den US Open sollte ihr nur ein paar Monate später ihr erster großer Sieg gelingen. Während Serena Williams anschließend das Frauentennis dominierte, wurde es um die deutschen Spielerinnen still. Nach Graf kam lange nichts. Erst die Generation um Andrea Petkovic, Julia Görges, Angelique Kerber und Sabine Lisicki weckte neue Hoffnungen auf große Erfolge. Lisicki erreichte 2013 dann auch tatsächlich das Finale Wimbledon – sie verlor tränenreich gegen sich selbst.

Aus dem genannten Quartett stach Angelique Kerber zunächst nicht unbedingt hervor. Ihren deutschen Kolleginnen wurde gemeinhin mehr Potenzial bescheinigt. Doch Kerber unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von Lisicki, Petkovic oder Görges: Kerber ist eine Kämpferin. Nimmermüder Einsatzwillen ist ihre größte Tugend, unbändiger Kampfgeist ihre schärfste Waffe. Das stellte sie in den vergangenen zwei Wochen bei den Australian Open einmal mehr unter Beweis. In der ersten Runde musste sie gegen Misaki Doi noch einen Matchball gegen sich abwehren, im Viertelfinale bezwang sie ihre Angstgegnerin Victoria Asarenka erstmals.

Und dann stand Kerber plötzlich da, wo sie immer hin wollte – im Finale eines Grand-Slam-Turniers. Es war der große Makel ihrer Karriere, dass sie zwar konstant gut, aber nie gut genug für einen wirklich wichtigen Titel  zu sein schien. Das hat sich mit dem Sieg im Endspiel gegen Serena Williams nun grundlegend gewandelt. Kerber gehört jetzt zu den Champions im Tennis, sie muss niemandem mehr etwas beweisen. Und wer die Gratulation ihrer Gegnerin nach dem Matchball gesehen hat, der weiß, dass sogar die Konkurrenz auf der Tour ihr diesen besonderen Sieg von Herzen gönnt.  

Nicht jede kommt mit dem Erfolg klar, siehe Lisicki

Für Kerber dürfte sich jetzt einiges ändern, Tennis wird zwar in Deutschland auf lange Sicht nicht wieder den Status erreichen, den es vor zwei, drei Jahrzehnten einmal hatte. Aber Kerber hat die Sportart mit ihrem Sieg zurück auf die Landkarte geholt. Und das ist nur verdient. Kaum ein anderes Spiel ist gleichermaßen kraftvoll wie elegant. Gespielt wird Tennis zwar mit dem Schläger, gewonnen aber wird es im Kopf. Angelique Kerber muss nun bereit sein, für das, was nach dem Titel kommt. Schon in der nächsten Woche wird in Leipzig die erste Runde im Fed Cup ausgetragen. Das Spiel gegen die Schweiz bekommt dank Kerbers Triumph eine völlig neue Dimension. Viel Zeit zum Feiern bleibt da erst einmal nicht. Dafür dürfte sie gefeiert werden. Eine Erfahrung, mit der – siehe Sabine Lisicki – nicht jeder einfach so klar kommt.

Zum Wesen von Angelique Kerber würde allerdings passen, dass sie jetzt genauso weitermacht wie bisher. Und schließlich hat sie ja ein großes Idol: Steffi Graf ließ sich trotz all ihrer Erfolge nie davon abhalten, noch weitere Siege nachzulegen. Gleiches gilt übrigens auch für Serena Williams. Angelique Kerber hat zunächst einmal verhindert, dass die Amerikanerin zu Graf in Sachen Grand-Slam-Titel aufschließt. Vielleicht gelingt der 28-jährigen Deutschen das bei den nächsten großen Turnieren ja wieder.

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