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Ob sich jetzt Gibraltar was ausrechnet? Mats Hummels weiß es nicht.

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Kommentar zur Deutschen Nationalmannschaft: Ob sich jetzt Gibraltar was ausrechnet?

Nach dem bitteren Ausgleich in der Nachspielzeit in der EM-Qualifikation gegen Irland freut sich unser Autor Michael Rosentritt schon auf das Spiel gegen Gibraltar. Ein Kommentar zur Deutschen Nationalmannschaft.

Also liebe Leute, warum soll es den Iren schlechter ergehen als den Polen, die ihrerseits sogar noch ein paar richtig talentierte Kicker in ihren Reihen haben? Schade eigentlich für die tapferen Schotten, die im ersten Qualifikations-Spiel nix geholt haben gegen den Weltmeister, dafür aber von den Dreien das beste Spiel geboten haben. Ob sich jetzt Gibraltar was ausrechnet?

Die Mannschaft vom Südzipfel der Iberischen Halbinsel hat vor dem Cas seine fußballerische Eigenständigkeit erstritten und ist seit ein paar Monaten der jüngste und damit 54. Mitgliedsverband der Europäischen Fußball-Union Uefa. Sie können ihre Spiele zwar nicht auf dem heimischen Affenfelsen mit Blick auf Afrika ausrichten, sondern müssen nach Faro (Portugal) ausweichen. Aber was heißt das schon in Zeiten wie diesen?

In Zeiten wie diesen, wo so ziemlich jeder gegen den Weltmeister aufmucken, wenn nicht sogar richtig was holen kann, muss man sogar – aus Eigennutz – dem Herrn Michel Platini danken. Dieser Herr ist Präsident der Uefa und sein ihm seine Macht sichernde Plan hat die kommende Europameisterschaft 2016 in seiner Heimat Frankreich mächtig aufgeblasen. Nicht qualitativ, sondern quantitativ. Wer hätte gedacht, dass die Weitung der EM-Endrunde auf WM-Format noch einmal für Spannung sorgen würde? Freilich eine andere Art von Spannung als gedacht, denn sie betrifft uns, den Weltmeister: Wer hätte also gedacht, dass die Deutschen diesem Plan mal mit einer gewissen Sympathie begegnen würden?

Aller Voraussicht nach wird es das Team von Joachim Löw trotzdem zur EM 2016 schaffen

Statt üblicherweise 16 Mannschaften fahren 24 Landesverbände zur EM nach Frankreich. Von 54! Also fast jedes zweite Land wird es schon irgendwie packen – das sollte also was gehen für den Weltmeister. Aller Voraussicht nach wird es das Team von Joachim Löw schaffen, wahrscheinlich sogar auch, wenn es keine Weitung des Teilnehmerfeldes gegeben hätte. Denn das, was gerade passiert, ist zwar ärgerlich wie jedes Ausgleichstor in der letzten Sekunde einer vierminütigen Nachspielzeit. Doch so wird es nicht bleiben. Nicht im nächsten Jahr. Nicht, wenn der Blues der WM verflogen ist.

Denn so ganz ohne Ansage ist es ja nicht gekommen. Dem Weltmeister hängt die WM nach, also der Triumph, und deshalb hängt er durch. Körperlich wie mental. Dafür kann man Verständnis aufbringen. Bis jetzt ist nichts verspielt. Schließlich wird der Titel nicht in der Qualifikation vergeben, sondern irgendwann im Sommer 2016 in Paris. Bis dahin werden die Deutschen kommen – mit oder ohne Schweinsteiger und Konsorten.

Die eigentliche Frage ist vielmehr, was wäre, wenn Löws Mannschaft in Brasilien (wie gelegentlich zuvor in seiner Amtszeit) nicht den Titel gewonnen, sondern – sagen wir – im Halbfinale an Spanien oder Italien oder sonst wen gescheitert wäre? Was wenn man wieder mal nur das Spiel um Platz drei einen Tag vor dem Finale erreicht hätte? Ja, was dann? Dann wäre der Körper vermutlich genau so alle. Aber was wäre mit dem Kopf? Mit dem Mentalen und so? Gerade hier ist auch ein Trainer gefragt.

Also liebe Leute, ein Titel, so schön und feierlich er auch sein mag, so ein Titel will verdient sein. Und das ist er ja auch, sogar über alle Maßen. Aber er fordert auch danach Opfer. Die Polen haben es erlebt, die Iren auch. Und Gibraltar?

Lesen Sie hier noch einmal den Spielbericht.

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