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Sport: Komparse in der Hauptrolle

Tennisprofi Alexander Waske überrascht sich in Halle selbst

Alexander Waske ist vor allem Fan. Er schwärmt für großes Tennis, große Spieler und große Emotionen. Waske ist 30 Jahre alt und war in der Tennisbranche bisher bloß Komparse. „Waske? Kenn’ ich nicht!“, hatte der Spanier Rafael Nadal gesagt, bevor er im westfälischen Halle gegen Waske verlor (2:6, 6:4, 4:6). Er weiß jetzt immer noch nichts über Waske, und Waske weiß nicht, was neuerdings eigentlich los ist.

Vor drei Wochen ist er mit dem deutschen Team in Düsseldorf Mannschaftsweltmeister geworden. Am Mittwoch hat er in Halle den derzeit weltbesten Tennisspieler besiegt, einen Tag danach verlor er im Achtelfinale gegen den ehemaligen Weltranglistenersten Juan Carlos Ferrero erst nach hartem Kampf 6:7 (5:7), 7:6 (9:7), 3:6. Nach dem Sieg gegen Nadal hat Waske erzählt, dass er begeistert war von dessen Kraft, Schnelligkeit, Antizipation. „Der Tennisfan in mir war ganz fasziniert von Nadal“, hat Alexander Waske gesagt, „bevor der Spieler in mir merkte, dass er sich besser mal bewegt, um den nächsten Ball zu kriegen.“ Waske hat sie fast alle bekommen. Am Ende haben ihm in Halle die Zuschauer zugejubelt. Das kannte Alexander Waske noch nicht.

Der Frankfurter ist seit fünf Jahren Tennisprofi. Er hat in dieser Zeit kein einziges Turnier gewonnen, nur acht seiner 36 Matches bei großen ATP-Wettbewerben und insgesamt 500000 Dollar Preisgeld. Das ist keine Karriere. Im Tennis zumindest. Waske ist Intellektueller, aber kein Tennisballermann. Er hat Abitur und in Amerika studiert. Bei der Bundeswehr haben sie ihm die Aufnahme in die Sportförderkompanie verweigert. Waske hat sich auf Doppel spezialisiert.

In Halle darf er nur mit einer Wildcard Einzel spielen. Er ist die Nummer 195 in der Welt. Als Tennisprofi wird er schnell vergessen sein, wenn er seine Laufbahn einst beendet. Er ahnt, dass der Sieg gegen den French-Open-Gewinner Nadal wohl der Höhepunkt seiner Aktivenzeit war, dass die 111 Minuten geballte Tennisaction herausragen. „Die DVD von dem Spiel werde ich in Ehren halten“, sagt er.

Waske weiß, dass er den Erfolg über das Tenniswunderkind Nadal relativieren muss. Der 19-jährige Mallorquiner hatte drei Tage zuvor die French Open gewonnen. Der Finaltriumph gegen den Argentinier Mariano Puerta war sein 24. Sieg in Serie und Paris sein viertes gewonnenes Turnier nacheinander. Er war müde und hat seinen Nimbus der Unbesiegbarkeit mit dem Wechsel auf das grüne Gras verloren. „Es ist ein anderes Spiel“, hat er gesagt, „und ich hatte nicht genug Zeit, mich umzugewöhnen.“ Der Sandmann Nadal war nicht bereit für kompromissloses Serve and Volley. „Er hat teilweise ausgezeichnetes Rasen-Tennis gespielt und war vielleicht am Ende des harten Matches physisch nicht mehr ganz auf der Höhe“, sagte Boris Becker, der weiß, wie man auf Rasen gewinnt.

Mit der Niederlage gegen Ferrero ist Alexander Waske die Rückkehr auf den Boden der Tatsachen nicht erspart geblieben. Jetzt schaut er den Rest der Woche wieder zu. Einfach so, als Fan.

Ulrich Hartmann[Halle, Westfalen]

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