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Sport: Kompetenz vom Nachbarn

Auch Aachens neuer Trainer kommt aus der Schweiz

Aachen/Berlin - Von Schaffhausen aus gesehen gehört Aachen zur größeren Fußballwelt. Insofern verwundert es fast ein bisschen, wie unaufgeregt Jürgen Seeberger bei seiner eigenen Präsentation auftrat. Der Fußballtrainer wurde gestern beim Zweitligisten Alemannia Aachen als neuer Coach vorgestellt. „Mein Werdegang ist von unten nach oben, da ist diese Top-Liga der nächste Schritt“, sagte Seeberger und wirkte dabei wie ein sympathischer Sportlehrer, der sich bei der Planung der nächsten Unterrichtsstunde ganz auf seine Routine verlassen kann. Der 42-Jährige ist in Konstanz geboren, hat seine Trainerausbildung aber in der Schweiz erhalten und sich dort einen Namen gemacht, als er den FC Schaffhausen von der dritten in die erste Liga führte. Für Aachens Sportdirektor Jörg Schmadtke war er der „Wunschkandidat“.

Seeberger ist derzeit nach Herthas Trainer Lucien Favre, Marcel Koller (VfL Bochum) und Ottmar Hitzfeld von Bayern München bereits der vierte Trainer im deutschen Profifußball, der in der Schweiz ausgebildet wurde. Viele halten den Deutschen Hitzfeld sogar immer noch für einen Schweizer. Hinzu kommt noch Bundestrainer Joachim Löw, der in der Schweizer Trainerschule in Magglingen bei seinem jetzigen Chefscout Urs Siegenthaler war. „Mich wundert der Erfolg der Schweizer Trainer nicht“, sagt Hansruedi Hasler, der Technische Direktor des Schweizer Fußballverbandes. „Wir sind ein kleines Land, das 30-mal weniger Aktive hat als Deutschland. Wir gehen deshalb in der Ausbildung von Spielern und Trainern schon seit längerer Zeit neue Wege.“

Vor zehn Jahren entwickelten die Schweizer eine eigene Spielphilosophie für den Nachwuchs und beantworteten sich bereits die Fragen, mit denen sich derzeit der Deutsche Fußball-Bund für sein Konzept beschäftigt. „Es gibt zwei Wahrheiten im Fußball“, sagt Hansruedi Hasler. „Die eine ist, dass man mit verschiedenen Strategien zum Erfolg kommen kann. Die andere ist, dass man sich auf seine eigene konzentrieren und sie beherrschen muss.“

Für Letzteres werden die Schweizer Trainer in Deutschland geschätzt. In Berlin manifestiert sich die Kritik an den unansehnlichen Auftritten der Hertha an den Spielern. Lucien Favre habe ja eine Idee und eine Strategie, es fehle ihm nur das richtige Personal. In das Bild des Schweizers, der seine eigene Kultur auf den Platz bringen will, passt Aachens neuer Trainer aber nicht. „Ich habe kein festes System und werde Ordnung und Spielsystem auf die Mannschaft abstimmen“, sagte Jürgen Seeberger. Er weiß sicher, dass andere Schweizer in Deutschland auch schon Misserfolge hatten. „Marcel Kollers erster Job in Deutschland ging auch daneben, ebenso war es bei Hanspeter Latour. Allerdings passte es wohl mit dem Verein nicht, sie waren beim 1. FC Köln“, sagt Hansruedi Hasler.

Für ihn ist der Vorsprung der Schweiz zumindest in der Trainerausbildung ohnehin dahin. „In Deutschland wird seit ein paar Jahren sehr gut gearbeitet“ sagt Hasler. „Wir müssen uns wieder etwas Neues ausdenken, um einen kleinen Vorsprung zu halten.“

Mitarbeit: Marlon Gego

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