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Kompetenzstreit: Sammer beansprucht DFB-Nachwuchsarbeit

Dem DFB droht offenbar ein Kompetenzstreit um die zukünftige Ausrichtung im Nachwuchsbereich. Im Gegensatz zu Bundestrainer Joachim Löw spricht sich Sportdirektor Matthias Sammer gegen ein einheitliches Spielsystem aller Altersklassen aus.

München - "Man muss darüber nachdenken, ob es richtig ist, einen 16-Jährigen in ein Schema zu pressen und ihm damit eine positionsbezogene Blindheit anzuerziehen, wie es etwa die Holländer gemacht haben", sagte Sammer der "Süddeutschen Zeitung", und fügte hinzu: "Da warne ich vor einer zu frühen Spezialisierung."

Angesichts der ausbleibenden Erfolge ihrer "Elftal" hätten dies inzwischen auch die lange Zeit als Vorbilder gehandelten Holländer erkannt. Diese würden nun ihr in allen Altersklassen gültiges 4-3-3-Grundsystem auch einmal variieren, erklärte Sammer. Bundestrainer Löw fordert dagegen wie sein Vorgänger Jürgen Klinsmann vehement eine 4-4-2-Ordnung als Richtlinie für alle DFB-Teams.

Sammer machte jedoch unmissverständlich klar, dass er im neu gegründeten DFB-Kompetenzteam nicht von seiner Linie abweichen werde. "Jeder bleibt bei seinem Aufgabenbereich. Der Bundestrainer mit seiner Mannschaft, Oliver Bierhoff als Manager und ich. Über gewisse Inhalte kann man diskutieren, davon können dann beide Seiten profitieren - aber es gibt auch Dinge, da wird nicht drüber diskutiert", hob der 39-Jährige hervor. "Der Sportdirektor ist der Stratege im Haus. Das würde ich Ihnen gern als Botschaft mitgeben."

Differenzen sind "Kleinigkeiten"

Die unnachgiebige Haltung Sammers dürfte das ohnehin angespannte Verhältnis zu Manager Bierhoff nicht gerade verbessern. Zwar versuchte Sammer die aufgetretenen Differenzen als "Kleinigkeiten" herunterzuspielen. Andererseits beharrte der Ex-Nationalspieler darauf, dass er im Gegensatz zu Bierhoff nichts an die Öffentlichkeit gebracht habe. "Ich bitte darum, klar zu unterscheiden: Ich habe mich dazu nicht geäußert und werde das auch nicht tun."

Dem Kompetenzteam, auch DFB-Sportvorstand genannt, gehören neben Sammer, Bierhoff und Löw noch Assistenztrainer Hans Flick, U21-Trainer Dieter Eilts, Trainer-Ausbilder Erich Rutemöller und der designierte DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach an. Das Gremium tritt in der kommenden Woche erstmals zusammen. Dabei dürfe man nicht nur dem DFB-Aushängeschild, der A-Nationalmannschaft, Aufmerksamkeit widmen. "Ich sehe halt den Gesamtzusammenhang", betonte Sammer. Er wolle ein ganzheitliches und auf 20 Jahre langfristig angelegtes Konzept erarbeiten.

"Ganzheitliche Entwicklung" der jungen Spieler

Eine wichtige Rolle spiele dabei die Nachwuchsförderung. "Eliteförderung darf nicht zu spät beginnen. Die beginnt im Kindergarten. Weil dort Grundlagen gelegt werden - und dabei geht's gar nicht um Fußball, sondern um eine ganzheitliche Entwicklung", betonte Sammer. Zwar würden die Vereine wieder viele Talente hervorbringen. "Aber was ich bei den Spielen vermisst habe, das ist Persönlichkeitsentwicklung. Wenn die Spiele schwierig wurden, fand sich keiner, der Lösungen bereit hatte", mahnte der Ex-Nationalspieler. Dies sei ein "großes Problem".

Am besten könne man dies in seinen Augen am Beispiel der Europameister-Mannschaft von 1996 festmachen. "Die Botschaft ist: Der Spruch von 1996, 'Der Star ist die Mannschaft', der ist nicht wahr. Wir hatten keine so starke Mannschaft, doch wir hatten Typen", erinnerte Sammer. "Der gute Fußballer muss wissen, dass er ohne seine Mannschaft nichts ist. Aber der gute Fußballer macht den Unterschied aus. Er muss Selbständigkeit lernen. Wir müssen weg von der Gleichmacherei." (tso/ddp)

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