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Sport: Kratzer am Denkmal

Wie schwer ist die Verletzung von Birgit Prinz?

Wie das berühmte Häuflein Elend kauerte Birgit Prinz an einer Holzbande und versteckte sich später hinter einer Hochsprungmatte. Die 33-Jährige war im Sportpark Neu-Isenburg bei Frankfurt am Main beim öffentlichen Training der Frauen-Nationalmannschaft böse umgeknickt. Beim ersten Gespräch mit Silvia Neid schlug die Bundestrainerin vor Entsetzen die Hand vors Gesicht, um dann öffentlich zu sagen: „Wir hoffen alle, dass es nicht so schlimm ist.“ Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ließ am Tag danach mitteilen, die Rekordtorschützin habe sich die Bänder am rechten Sprunggelenk überdehnt, und die WM-Teilnahme sei nicht gefährdet.

Doch hoffnungsvoll sah es nicht aus, wie die dreimalige Weltfußballerin bandagiert zum schwarz-rot-gold lackierten Bus humpelte – weder das von 300 Zuschauern vom zarten Applaus begleitete Auslaufen nach dem öffentlichen Üben, noch das Autogrammeschreiben machte die Spielführerin mit. Und natürlich blieb sie auch am Pfingstmontag lieber zur Behandlung im Hotel statt in einem Frankfurter Einkaufszentrum mit Box-Weltmeisterin Regina Halmich zu trainieren. „Das gab ordentlich Power, wir haben uns über die Abwechslung gefreut“, sagte Kim Kulig, „aber wir fühlen natürlich alle mit Birgit mit.“

Kaum vorstellbar, dass die Stürmerin am Donnerstag in Mainz bei der WM-Generalprobe gegen Norwegen (20.30 Uhr/ZDF) ihr 212. Länderspiel bestreitet. Die Blessur kommt zur Unzeit für die dreimalige Weltfußballerin, die ihren Vorsprung an Dynamik und Durchsetzungsvermögen ohnehin schon eingebüßt hatte. Und nun muss eben genau abgewogen werden, ob es Sinn macht, der Nummer neun auch in knapp zwei Wochen im WM-Eröffnungsspiel gegen Kanada zu vertrauen. In den bisherigen Testspielen blieb die Rekordtorschützin einen Treffer schuldig, während die 13 Jahre jüngere Alexandra Popp im Grunde längst an Prinz’ Denkmal kratzt, das vor einer Woche überlebensgroß in der Frankfurter Einkaufspassage aufgestellt wurde.

Damit begann der sechste und letzte Lehrgang unter Anleitung der akribisch arbeitenden Silvia Neid mit einem Schock. Die 47-Jährige erhofft sich vor allem noch detaillierte Verbesserungen in den Segmenten „Schnelligkeit und Spritzigkeit“, und auch bei den Standards werde man etwas tun, „wenn die Öffentlichkeit nicht zuschaut“.

Speziell auf das gesteigerte öffentliche Interesse als weibliche Botschafter der Nation hat DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach in einer sonntäglichen Ansprache zur Mittagszeit verwiesen, später erhielt das versammelte Nationalteam eine Medienschulung. Vornehmlich soll geregelt und nicht reglementiert werden, „die Mädels sollen authentisch bleiben“, versicherte Köttker. Der Verband hat auch jenen jungen Frauen keinen Einhalt geboten, die mit der U-19-Auswahl am Sonntag das EM-Finale gegen Norwegen mit 8:1(1:0) gewannen und sich vorher mit Nacktaufnahmen in einem Männermagazin gezeigt hatten.

Beim aktuellen Nationalteam kam die Aktion nur bedingt gut an. „Ich glaube, unsere Sportart ist gerade genug im Fokus, da brauchen wir uns nicht noch auszuziehen“, stellte Abwehrspielerin Saskia Bartusiak am Montag klar. Für ihre Klubkameradin Birgit Prinz käme so etwas ohnehin nie infrage – lieber würde sie wohl freiwillig auf die WM verzichten.

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