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Sport: Kritische Phase

Die Niederlage gegen Frankfurt zeigt Alba, dass die Basketball-Saison früher als erwartet enden könnte

Berlin - Szymon Szewczyk sitzt in der Max-Schmeling–Halle vor einem Foto der Meistermannschaft 1996/97 und versucht lautmalerisch ein Spiel aus der Saison 2004/2005 zu beschreiben. „Ruhe, Ruhe, Ruhe – und dann Bamm“, sagt der polnische Basketballprofi von Alba Berlin und wendet dabei die rechte Hand hin und her, um eine Ohrfeige anzudeuten. „Erst haben sie uns eingeschläfert – und dann Bamm“.

„Bamm“ drückt ziemlich treffend das aus, was Alba Berlin am Sonntag widerfahren ist. Das 64:80 (32:40) gegen die Opel Skyliners aus Frankfurt traf die Verantwortlichen von Alba Berlin mitten ins Gesicht. Plötzlich steht es 0:1 in der Halbfinalserie, die nach dem Modus „Best of five“ gespielt wird. Plötzlich haben die Berliner vom beeindruckend aufspielenden amtierenden Meister eine Ahnung davon bekommen, dass ihre Saison wie im Vorjahr im Halbfinale enden könnte. Dieser Gedanke schien nach Platz eins in der Hauptrunde und der mühelosen Viertelfinalserie gegen Ludwigsburg sehr weit entfernt. Nun ist alles anders. „Wir hatten nicht den Play-off-Spirit, den man in so einem Spiel zeigen muss“, sagt Vizepräsident Marco Baldi, „ich hoffe, dass das heute ein Orientierungsspiel für uns war.“

Es hat sich am Sonntag als Nachteil herausgestellt, dass die Berliner im Viertelfinale nicht ähnlich gefordert worden sind wie die Frankfurter, die erst drei Tage zuvor den entscheidenden fünften Sieg gegen Quakenbrück gelandet hatten. Frankfurts Trainer Murat Didin sagte: „Wir haben diese Serie genutzt, um in eine gute Stimmung zu kommen.“ Er konnte die Spiele zur Integration des lange verletzten Flügelspielers Tyrone Ellis verwenden. Diese ist nun weitgehend abgeschlossen, wie Ellis’ 21 Punkte, acht Rebounds und einige spektakuläre Dunkings in der zweiten Halbzeit beweisen. „Mit ihm sind wir eine ganz andere Mannschaft“, sagt Didin.

Alba Berlin hingegen ließ sich mit fortschreitender Spieldauer in der Offensive verunsichern und bekam in der Defensive das Frankfurter Drei-Mann-Team um Tyrone Ellis, Chris Williams, 20 Punkte, und Pascal Roller, 23 Punkte, nicht in den Griff. „Wir haben ab dem zweiten Viertel die Aggressivität vermissen lassen“, sagt Aufbauspieler Mithat Demirel, der in seinem dritten Spiel nach seiner Verletzungspause nur einen von sieben Würfen traf. Alba geriet nach den ersten Einwechslungen beim Stand von 13:4 und einigen strittigen Pfiffen der Schiedsrichter aus dem Tritt. Trainer Henrik Rödl wollte die Unparteiischen jedoch nicht als Ursache für die erste Heimniederlage in der Bundesliga in dieser Saison sehen. „Wenn wir das nicht verkraften können, ist das unser Problem.“

Nun aber häufen sich die Probleme: Wie kann sein Team im zweiten Spiel am Donnerstag (18.45 Uhr, live auf Premiere) in Frankfurt den überragenden Spielmacher Pascal Roller stoppen, der in der ersten Halbzeit bei einer Trefferquote von 100 Prozent 18 Punkte erzielte? Gerald Brown, Mithat Demirel und Martynas Mazeikas hatten es vergeblich versucht. „Wenn jemand in so einer Form spielt, ist er nicht zu halten, aber das werden wir im Verlauf dieser Serie ändern“, sagt Rödl. Und wie kann Alba seinen Centerspieler Jovo Stanojevic besser nutzen? „Wir wissen, dass er unser Vorteil ist, aber wir haben diesen Vorteil nicht ins Spiel gebracht“, sagt Baldi. Und schließlich: Wie kann Alba die Verkrampfung lösen, die das Team nach fünf Minuten befallen hat?

Es ist kurios: Obwohl Frankfurt Titelverteidiger ist, liegt der Druck auf dem ehemaligen Seriensieger und Branchenführer Alba Berlin. „Wir müssen lockerer werden“, sagt Marco Baldi, und fängt an, den Druck zu mindern. „Wir müssen nicht Meister werden“, sagt der Vizepräsident. Die Europaliga-Ambitionen seines Klubs sprechen allerdings gegen diese Aussage. Nach dem frühen Aus im Uleb-Cup und dem Aus im Pokal ist die Meisterschaft die letzte Chance für Alba, die Saison mit einem Titel abzuschließen. Vizepräsident Baldi aber lenkt von übergeordneten Zielen ab. „Jetzt zählt nur das nächste Spiel.“

Immerhin hat die Niederlage die Wut in Szewczyk gesteigert. „Ich bin wirklich angefressen“, sagt der Pole. „Die Frankfurter sind hierher gekommen, ohne Respekt für uns, und wir haben ihnen den Sieg einfach so überlassen.“ Vor Jahresfrist hat er erlebt, was passieren kann, wenn man das erste Halbfinale zuhause verliert. Nach 0:2-Rückstand schied Alba 2:3 gegen Bamberg aus. Allerdings hat Szewczyk aus dieser Play-off-Serie auch eine Lehre gezogen. Er sagt: „Es ist nicht wichtig, wie man eine Serie beginnt, es ist wichtig, wie man sie beendet.“

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