zum Hauptinhalt
Luka Modric war das Genie einer überlegenen Mannschaft

© Reuters

Update

Kroatien schlägt die Türkei 1:0: Luka Modric: Losgelöst von allen Zwängen

Der kroatische Freigeist macht den Unterschied aus: Durch Modric' Tor besiegen die Kroaten Gegner Türkei im Auftaktspiel der Gruppe D.

Am Tag, als der Regen zurück kam nach Paris, wurde es laut im Prinzenpark. Die Türkei und Kroatien brachten so viele und so leidenschaftliche Fans mit, dass es im Betonkessel im Süden der Stadt um einiges infernalischer zuging als sonst bei Heimspielen von Paris St. Germain. Am Ende feierten die Kroaten, weil Luka Modric den Unterschied machte. Mit einem großartigen Volleyschuss aus 25 Metern verhalf er seiner Mannschaft zum 1:0 (1:0)-Sieg im ersten Spiel der Vorrundengruppe D.

„Ein phantastisches Tor von einem großartigen Spieler“, befand Kroatiens Trainer Ante Cacic. „Luka war unser Anführer, er hat eines seiner besten Spiele überhaupt für Kroatien gemacht.“ Modric selbst sprach von einem schönen Nachmittag, aber es möge doch jetzt niemand abheben, „es war ein wichtiger Sieg, aber eben nur einer, das Turnier hat gerade erst begonnen“. Und doch war schwer zu übersehen, mit welcher Spielfreude der kleine Mann mit dem langen Haar über den Platz hüpfte, losgelöst von den taktischen Zwängen, denen er sich beim Champions-League-Sieger aus Madrid unterordnen muss. Für Kroatien darf er die zentrale Rolle als Spielgestalter ausfüllen, und das bekam dem Spiel seiner Mannschaft nur zu gut.

Modric war das Genie einer überlegenen Mannschaft, Vedran Corluka ihr klassischer Held. Der Verteidiger erlitt nach einem Foul von Cenk Tosun früh eine Platzwunde am Kopf, die er erst mit einem weißen, später zusätzlich mit einem blauen Turban schützte, der immer mal wieder aufbrach, weil er sich weiter in jedes Kopfballduell stürzte. „Vedran ist ein Kämpfer“, sagte Trainer Cacic. „Es war kompliziert mit der genähten Wunde, aber er wollte einfach nicht vom Platz, sondern der Mannschaft helfen.“

Auf türkischer Seite blieb Kapitän Arda Turan vieles schuldig

Diese Hingabe fehlte den Türken. Sie hatten zwar die erste Chance des Spiels, Özan Tufan vergab sie mit einem Kopfball allein vor dem Tor. Dann aber spielte nur noch Kroatien. Und traf durch Modric, kurz vor der Pause – und was war das für ein Tor! Selcuk Inan klärte im Strafraum per Fallrückzieher, der Ball flog in hohem Bogen aus dem Strafraum direkt auf den Fuß von Modric, der ihn sofort zurück Richtung Tor beförderte. Kurz vor Volkan Babacan setzte der Ball noch einmal auf, der türkische Torhüter fuhr vergeblich den Arm aus, und Kroatien lag vorn.

Modric feierte an der Eckfahne so ausgelassen, dass ein kroatischer Fan über die Balustrade sprang und gleich mitmachte. „Das war schon ein bisschen komisch“, sagte der Torschütze später. „Ich habe das erst gar nicht gemerkt, nur dass da einer war, der nicht zu meiner Mannschaft gehörte.“ Später brannten Bengalos in der kroatischen Kurve, in der türkischen detonierten Böller. Am Sicherheitskonzept feilen die Franzosen noch, das war ja auch am Samstag bei der Schlacht von Marseille zwischen Russen und Engländern nicht zu übersehen.

Ein kroatischer Fan sprang nach dem Führungstor über die Balustrade und feierte mit.
Ein kroatischer Fan sprang nach dem Führungstor über die Balustrade und feierte mit.

© AFP

Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit hätte Kroatiens Kapitän Dario Srna beinahe auf 2:0 erhöht, mit einem fast perfekten Freistoß, als Babacan ehrfurchtsvoll hinterherschaute, wie der Ball gegen die Latte schlug. Ein paar Angriffe später hatte Srna nach einer schlechten Abwehr des türkischen Torhüters das leere Tor vor sich, er verfehlte es um einen halben Meter.

Auf türkischer Seite blieb Kapitän Arda Turan vieles schuldig. „Er kann mehr“, befand Trainer Fatih Terim, er nahm den Star vom FC Barcelona nach einer Stunde vom Platz. Später kam auch der künftige Dortmunder Emre Mor, den sie daheim schon den türkischen Messi nennen. Die Türken stürmten ein bisschen, aber die größten Chancen hatte Kroatien, beide Male durch den früheren Wolfsburger Ivan Perisic. Erst köpfte er an die Latte, dann parierte Babacan seinen Alleingang. Dabei zog sich Perisisc eine Verletzung an der Wade zu und musste den Platz verlassen. Es war die einzige schlechte Nachricht für die Kroaten an diesem nasskalten Sonntag von Paris.

Folgen Sie der Sportredaktion auf Twitter:

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false