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Sport: Kuhn tröstet die Schweiz mit der EM 2008

Köln - Jakob Kuhn saß auf der Trainerbank wie festgeklebt. Minutenlang bewegte sich der Schweizer Trainer nicht vom Fleck.

Köln - Jakob Kuhn saß auf der Trainerbank wie festgeklebt. Minutenlang bewegte sich der Schweizer Trainer nicht vom Fleck. Von dort hatte er beobachten müssen, wie sein Team gleich drei Elfmeter nicht im Tor unterbrachte und das Achtelfinale gegen die Ukraine 0:3 verlor. Er hatte auch sehen können, wie plötzlich ein gelb-blauer Springtanz ukrainischer Spieler begann, und er konnte von seinem Platz aus beobachten, wie seine traurige Mannschaft sich von ihren Fans verabschiedete. Man wusste aber nicht genau, was Kuhn tatsächlich davon mitbekommen hatte, weil er so verloren aussah, die schmalen Schultern nach vorne gezogen, der akkurate Scheitel ein wenig verrutscht.

Nach einer Weile kamen die Spieler zurück, Magnin weinte, und weil sie selbst Trost brauchten, stand Kuhn, eine Art Großvater der Nation, dann doch auf und umarmte sie. Später sagte er: „Es ist eine gewisse Leere in mir, die verhindert, dass ich mir jetzt gleich Gedanken machen kann über dieses Spiel.“ Doch der Fußball-Lehrer ist schon 62 Jahre alt, da kann man die unglücklichen Tage einordnen und aussitzen, „denn alles im Leben verflüchtigt sich nach einer gewissen Zeit“, fügte Kuhn an und war sich sicher: „Dann werden wir uns nur noch an die positiven Dinge dieser WM erinnern.“ Natürlich weiß man nicht, wie lange diese „gewisse Zeit“ nun dauern wird, aber Kuhn dürfte bei seiner Aussage schon einen Termin im Kopf gehabt haben. Im Sommer 2008 beginnt die Europameisterschaft im eigenen Land, das eigentliche Ziel. Als er seinen Job antrat im August 2001, hatte Kuhn ein Konzept ausgearbeitet mit dem Titel „Die Schweiz – Europameister 2008“. Für dieses Ziel hat der Trainer schon einiges bewegt.

Kuhn, der selbst erfolgreich beim FC Zürich spielte und sechsmal die Meisterschaft gewann, formte ein neues Team, das eng zusammenwachsen sollte. Entscheidend für den neuen Geist der Mannschaft war die Integration von Talenten wie Philipp Degen, Philippe Senderos und Tranquillo Barnetta. Ihnen verordnete Kuhn ein attraktives Spiel, Grundlage dafür sind eine ausgefeilte Technik und hervorragende Fitness. In ihrem besten Spiel des Turniers, beim 2:0-Sieg über Südkorea, waren fast alle zehn Feldspieler ununterbrochen in Bewegung, aber die Laufwege waren so abgestimmt, dass man mit ständigem Verschieben sogar die Marathonspezialisten aus Asien stoppte.

Kuhn hat die Schweiz auch taktisch variabler gemacht, obwohl das Spiel gegen die Ukraine eher ihre Grenzen aufgezeigt hat: Sie kann zwar schon gut und schnell kombinieren, doch wenn sie wie gegen die Ukraine selbst das Spiel machen muss, verliert die Mannschaft noch zu schnell ihre Linie. Und anscheinend auch ihr Selbstvertrauen. Streller, Barnetta und Cabanas schossen ihre Elfmeter jedenfalls so aufgeregt wie kleine Jungs, und Kuhn mochte dafür keine Erklärungen suchen: „Da haben schlicht und einfach die Nerven versagt.“ Einen Vorwurf machte Kuhn seiner Mannschaft nicht, schließlich „ist diese Weltmeisterschaft nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zu unserer EM“.

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