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Sport: Kult schlägt Kult

Über 15 000 Zuschauer sehen den 4:2-Sieg des 1. FC Union gegen den FC St. Pauli

Von Karsten Doneck

Berlin. Steffen Baumgart standen offenbar noch glückliche Stunden bevor. „Das ist doch ein tolles Gefühl, wenn man bei diesem schönen Wetter nach Hause fährt und 4:2 gewonnen hat“, frohlockte er. Dass Baumgart in gehobener Stimmung ins Auto stieg, dazu hatte er selbst maßgeblich beigetragen. Beim 4:2 (0:1)-Sieg seines 1. FC Union über den FC St. Pauli in der Zweiten Bundesliga gelang dem ehemaligen Rostocker zehn Minuten nach dem Wechsel der 1:1-Ausgleich. Nach 236 Minuten endlich Unions erstes Saison-Tor in einem Heimspiel. Und ein äußerst wichtiger Treffer obendrein, wie Union-Trainer Georgi Wassilew fand: „Ich war auch nach dem Rückstand davon überzeugt, dass wir das Ergebnis noch umbiegen würden. Wichtig war nur das erste Tor.“

Danach lösten sich alle Beklemmungen. Union kombinierte nach überaus holprigem Beginn gegen eine konditionell krass abbauende Elf aus Hamburg-St. Pauli teilweise durchaus sehenswert. Und nach Baumgart hatten auch andere Neuzugänge ihre großen Auftritte. Zum Beispiel Uche Igwe. Wie überlegt und technisch perfekt der 22-Jährige, der vor seinem Wechsel in die Wuhlheide bei den Amateuren des VfL Wolfsburg eher im Verborgenen seine Fußballkünste vorgeführt hatte, einen Ball aus rund 18 Metern zur 2:1-Führung ins Netz des Gastes setzte, das sieht man auch in der Ersten Bundesliga nicht an jedem Spieltag. Oder Jan Sandmann. Wie der ehemalige HSV-Profi im Laufduell den gerade zuvor eingewechselten Marco Gruszka stehen ließ, das sah aus, als trete da die S-Klasse gegen einen Bollerwagen an. Sandmann besaß am Ende des Sprints noch genug Kaltschnäuzigkeit, den Ball zum 3:1 zu versenken. Auf Rasiejewskis Anschlusstor für St. Pauli fand Kostadin Widolow vier Minuten später mit einem gefühlvoll-listigen Heber über den zu weit vor seinem Tor postierten Gästetorwart Simon Henzler hinweg die passende Antwort, das 4:2. „So zurückzukommen ins Spiel und dann so zu dominieren – also da bleibt nur ein Kompliment an unsere gesamte Mannschaft“, sagte Steffen Baumgart hinterher.

Da war auch die erste Hälfte vergessen, in der St. Pauli durch Alexander Meiers Drehschuss nicht unverdient in Führung lag. Doch der Gast, der recht kontrastreiche Ergebnisse aufweist – zuletzt folgte auf ein 0:6 in Lübeck ein 7:1-Sieg gegen Braunschweig –, hielt seine Linie nicht durch. „Wir haben die Ordnung verloren, dadurch kamen wir in einen Antilauf rein, der Gegner konnte schließlich tun und lassen, was er wollte“, sagte St. Paulis neuer Trainer Joachim Philipkowski.

Heiner Bertram, Unions Präsident, war nach dem Abpfiff außer sich vor Begeisterung. „Ein Fußballfest, ein volles Haus, wunderbare Fans auf beiden Seiten, blauer Himmel und das passende Ergebnis – was will man mehr?“, fragte Bertram. 15 011 Zuschauer, darunter 2500 Fans aus Hamburg, hatten an den Kassen der Alten Försterei Eintritt gezahlt, ein neuer Zweitliga-Rekord für Union. 14 532 Zuschauern gegen Eintracht Frankfurt in der vorigen Saison – das war bisher die Bestmarke. Dass das Stadion so voll wurde, dafür hatte Steffen Baumgart eine plausible Erklärung. „Es gibt viele Traditionsvereine in Deutschland, aber doch nur zwei echte Kultvereine – und die haben hier gespielt“, sagte Baumgart.

Auf den Rängen gab es auch noch ein bisschen Wahlwerbung. „Gerhard wir danken Dir!“ stand dort auf einem Transparent zu lesen. Der Dank galt Gerhard Schröder, seines Zeichens Bundeskanzler. Angeblich sollen von der Regierung „positive Signale“, so Bertram, zum Um- und Ausbau der Alten Försterei gekommen sein.

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