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Sport: Kuriose Karriere

Frank Müller sponsert den Tischtennis-Bundesligisten Würzburg – und stellt sich selber auf. Manchmal gewinnt er sogar und beschämt seine Gegner

Berlin - Wenn es Aufregung gibt in der Tischtennis-Bundesliga, dann ist Frank Müller oft nicht weit. Auch beim jüngsten Ereignis hatte Müller seine Hände im Spiel. Sein Klub Müller Würzburg ließ beim Rekordmeister Borussia Düsseldorf vier Kreisligaspieler gegen Timo Boll und die anderen Weltranglistenspieler im Einzel an die Platte. Nach fünfzig Minuten war das Spiel vorbei. Es sollte ein Protest sein dagegen, dass sich die Düsseldorfer in der Begegnung zuvor angeblich unfair verhalten hatten. „Selbstjustiz auf Kosten der Zuschauer und der eigenen Sportart“, nannte das Thomas Weikert, der Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes. Doch Müller versteht die Empörung nicht. „Wenn ich Düsseldorf wirklich hätte bestrafen wollen, wäre ich doch gar nicht angetreten“, sagt er.

„Ich“ sagen und eine ganze Bundesligamannschaft meinen, das kann nur Frank Müller. Der 44 Jahre alte Bauunternehmer soll schon mehrere hunderttausend Euro in den Würzburger Klub gesteckt haben. Als Gegenleistung hat der Verein seinen Namen angenommen, lässt ihn Entscheidungen treffen und – selber spielen. Das ist das Kurioseste daran. Frank Müller ist nämlich der etwas andere Bundesligaspieler. Aus der Kreisliga hat er sich nach oben gearbeitet. Seine Figur ist jedoch die eines Hobbyspielers geblieben. Der Bundesliga hat er schon ein paar komische Auftritte beschert.

Sein Spiel ist alles andere als gewöhnlich. Frank Müller selbst beschreibt es so: „Es ist ein zerstörerisches Noppen-Block- Spiel am Tisch.“ Das heißt: Die Angriffsschläge seiner Gegner zerhackt er direkt nach dem Aufspringen mit seinem Lange-Noppen-Belag und bringt sie mit einer schwer berechenbaren Rotation zurück. Sein Niveau hält er für regionalligatauglich, „aber von der Reaktionsfähigkeit her gehöre ich zu den besten zwanzig Spielern der Welt“.

Müllers Fall zeigt: Jeder kann es im Tischtennis schaffen, er muss nur den Willen haben – und genügend Geld. Müller leitet vier Unternehmen, sein Geschäft ist die Sanierung denkmalgeschützter Altbauten in Ostdeutschland. Drei Tage lebt er im Vogtland, vier in seiner Heimat Düsseldorf. Sein normales Trainingspensum beträgt eine Einheit im Monat, nur vor Bundesligaspielen trainiert der Diplomkaufmann zweimal wöchentlich. In dieser Saison hat er sich allerdings bisher nur im Doppel aufgestellt, um die Mannschaft nicht zu schwächen. Im Doppel aber sind ihm schon bemerkenswerte Siege gelungen. Auf seiner Liste stehen prominente Opfer wie das Doppel Torben Wosik/Damien Eloi, Wosik war Europameisterschaftszweiter, Eloi ist langjähriger französischer Nationalspieler.

Seine Punktgewinne feiert Müller meist mit ekstatischem Jubel, einen Satzgewinn gegen Timo Boll garnierte er mit dem Ausruf „Müller für Deutschland“. Peinlich kommt sich Müller dabei nicht vor. „So lange ich noch Spiele gewinne, ist das doch nicht peinlich.“ Dafür sind seine Gegner meist unangenehm berührt, wenn sie ihn nicht schnell und klar besiegen können. „Das bekommt dann eine Eigendynamik“, sagt Müller, der dann beobachten kann, wie seine Gegner, allesamt Profis, immer mehr verkrampfen.

Im Oktober 2007 hat er sogar in der Champions League gespielt und kann nun von sich sagen: „Ich bin der einzige Spieler, der von der Kreisliga bis zur Champions League gespielt hat. Jetzt habe ich alles erreicht, was ich erreichen konnte.“ Gegen den früheren Europameister JeanMichel Saive aus Belgien gewann er dabei sogar einen Satz. Im Laufe der Zeit hat er an Anerkennung gewonnen. Selbst die des Düsseldorfer Klubmanagers Andreas Preuß: „Ich habe Respekt davor, was er in Würzburg aufgebaut hat.“ Das kann Preuß trennen von seinem Ärger über das Spiel am vergangenen Wochenende.

Müller ist jedenfalls kein Jedermann mehr, der es in die Bundesliga geschafft hat. 2005 ist er mit Würzburg Deutscher Meister geworden, einem bis dahin durchschnittlichen Klub. „Müller in Würzburg ist, als hätte man einen Rennwagen vor einen Wohnwagen gespannt“, sagt Frank Müller über sein Engagement am Main.

Seit fünf Jahren arbeitet Müller auch im Ligaausschuss mit. „Ich habe auch das große Ganze im Blick.“ Deshalb sei er besorgt über das neue Spielsystem, das in der nächsten Saison in der Bundesliga eingeführt wird. Die Begegnungen sollen kürzer werden und damit attraktiver fürs Fernsehen. „Ich habe davor gewarnt, sich zum Spielball des Fernsehens zu machen und zu riskieren, dass keine Zuschauer mehr in die Halle kommen.“ Es könnte aber noch eine andere Konsequenz haben, wenn nur noch drei statt vier Einzelspieler eingesetzt werden und nur ein Doppel statt bisher zwei: Vielleicht wird die kuriose Karriere des Bundesligaspielers Frank Müller dann zu Ende sein.

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