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Sport: Kurz vor Schluss ein Schuss

Das deutsche Hockeyteam gewinnt das WM-Eröffnungsspiel gegen Indien 3:2

In den vergangenen Tagen war auffallend oft davon die Rede, dass die WM in Deutschland nun endgültig vorbei sei. Das war natürlich eine ziemliche Unverfrorenheit des Fußballs gegen alle Hockeyspieler. Deren WM hat gestern erst angefangen, und sie soll im Kleinen genauso euphorisch werden wie die der Fußballer. Die Chancen stehen nicht schlecht. Gleich im Eröffnungsspiel des Turniers bescherte die deutsche Mannschaft den Zuschauern ein zweites Dortmund. 75 Sekunden waren im Mönchengladbacher Hockey-Park noch zu spielen, es stand 2:2. Doch gerade, als alles auf ein ernüchterndes Unentschieden gegen Indien hindeutete, unterlief den Deutschen der klügste Angriff des gesamten Spiels. Von der linken Seite brachte Oliver Hentschel den Ball scharf vor das indische Tor, Christopher Zeller flog heran wie Oliver Neuville gegen Polen und lenkte den Ball zum 3:2 (2:1) über die Linie. Die 8500 Zuschauer tobten wie einst im Juni.

„Wir haben in den letzten 20 Jahren viele Spiele in den letzten fünf Minuten gewonnen“, sagte Bundestrainer Bernhard Peters. „Ich wollte auch dieses Spiel in den letzten fünf Minuten gewinnen.“ Dabei sprach psychologisch alles gegen seine Mannschaft, nachdem Shivendra Singh kurz zuvor mit seinem zweiten Tor zum zweiten Mal ausgeglichen hatte. Peters konnte seinen Spielern am Ende vieles vorwerfen, nicht aber übermäßige Nervenschwäche. Schon auf den Ausgleich zum 1:1 hatte sein Team umgehend reagiert. Oliver Hentschel traf nur drei Minuten später, nach der zweiten Strafecke, zum 2:1. Der gebürtige Berliner war als letzter deutscher Feldspieler für den WM-Kader nominiert worden und hat das Vertrauen des Bundestrainers schon jetzt gerechtfertigt.

Der späte Siegtreffer war das Ende einer wilden Schlussviertelstunde mit vier Toren innerhalb von 13 Minuten. Eine derartige Ereignisdichte hatte sich bis weit in die zweite Halbzeit nicht angedeutet. Beiderseitige Vorsicht prägte bis dahin die Begegnung, das Geschehen spielte sich weitgehend im Niemandsland ab. „Jeder war ein bisschen nervös“, sagte Kapitän Timo Weß. Was die Deutschen eigentlich beflügeln sollte, schien sie zu hemmen: die schiere Präsenz des Publikums. „Keiner von uns hat in Deutschland schon vor so einer Kulisse gespielt“, sagte Weß.

Doch das Publikum brauchte ebenso lange, um in Fahrt zu kommen wie die deutsche Mannschaft. „Wir waren in einigen Passagen zu inaktiv“, sagte Peters. „Bissiger, mutiger, selbstbewusster“ will Peters seine Spieler sehen, „aber das kann man nicht herbeireden“. Den Mangel an Erfahrung macht das junge deutsche Team durch Leidenschaft wett. Und dass es in den entscheidenden Momenten kühlen Kopf bewahrt, ist auch kein Nachteil. So war es auch acht Minuten vor der Pause, als Christopher Zeller den Ball nach der ersten Strafecke des Spiels mit 119 Stundenkilometern zum 1:0 ins Netz jagte. Am Ende des Spiels hatten die Deutschen zwar nur zwei Strafecken gehabt – dafür aber eine hundertprozentige Erfolgsquote.

Am Sieg der Deutschen hatte auch Uli Bubolz seinen Anteil. Der Torhüter des Berliner HC hatte den Vorzug vor dem erfahrenen Christian Schulte erhalten. Bubolz rettete dreimal glänzend, parierte auch die beiden ersten Strafecken, hatte aber gegen den Nachschuss von Singh wie bei dessen zweitem Tor keine Chance. Peters hatte vor dem Spiel gesagt: „Wenn er super hält, gibt es keinen Grund zu wechseln.“ Nach dem Spiel bescheinigte er dem Berliner „eine gute Leistung“. Allerdings wolle er das Video des Spiels noch einmal analysieren, bevor er entscheidet, wer am Samstag gegen die gestern überraschend 2:3 gegen Südkorea unterlegenen Holländer im Tor steht. Vermutlich wird er auch auf den Fernsehbildern nichts entdecken, was gegen Bubolz spricht.

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