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Sport: Lachen und springen

Bei Alba Berlin überzeugt derzeit nur Quadre Lollis

Von Helen Ruwald

Berlin. Quadre Lollis lümmelte auf der Ersatzbank, ein Bein hatte er hochgezogen, er lag mehr als er saß. Dabei plauderte er mit DeJuan Collins, seinem Kollegen vom deutschen Basketballmeister Alba Berlin. Alba führte gegen Ludwigsburg kurz vor Schluss 87:47. Es war ein gemütlicher Sonntagnachmittag. Drei Tage später saß Lollis schon kurz nach der Pause auf der Bank, weil er mit vier Fouls vorbelastet war. Nach fünf darf ein Basketballer nicht mehr mitspielen, Trainer Emir Mutapcic wollte ihn für die Endphase schonen. Der US-Amerikaner musste mit ansehen, wie seine Mannschaft völlig auseinanderfiel und schließlich 63:84 verlor. Kein gemütlicher Mittwochabend.

Innerhalb von drei Tagen hat Lollis, Albas Flügelspieler von Ülker Istanbul, das Mischprogramm erlebt, das ihn in Berlin erwarten könnte: Siege in der Bundesliga, wo der Meister heute Tabellenführer Oldenburg empfängt (15 Uhr, Max-Schmeling-Halle), Blamagen in der Euroleague. Alba präsentierte sich gegen Efes wie Kandidat Nummer eins auf den letzten Tabellenplatz. Einer, der dies am ehesten verhindern könnte, ist Quadre Lollis. Der 29-Jährige „war der Einzige, der Europaliga-Niveau hatte“, sagte Mutapcic. Lollis machte 20 Punkte und 14 Rebounds und war zusammen mit Efes-Star Kaspars Kambala Topscorer der Partie. Schon in den Bundesligaspielen gegen Würzburg (16 Punkte/9 Rebounds) und Ludwigsburg (16/12) hatte keiner öfter getroffen als er.

Und das, obwohl Lollis sich kurz vor dem Bundesligauftakt beim Training eine Kapselverletzung im rechten Daumen zugezogen hatte, die immer noch nicht ausgeheilt ist. „Es tut weh und ich kann nicht richtig zufassen. Außerdem ist es meine Wurfhand“, sagte Lollis vor dem Spiel gegen Efes. Dennoch präsentierte er sich mit kaputtem Daumen kampf- und willensstärker als seine Kollegen und zeigte seine Sprunggewalt. Nach seinem überzeugenden Auftritt musste er mit zur Pressekonferenz – es war mehr Strafe denn Lob. „Efes ist aggressiv aus der Kabine gekommen und wir haben uns nicht gewehrt“, sagte Lollis. Er selbst schon, doch das sagte er natürlich nicht.

Als Nachfolger von Wendell Alexis ist er verpflichtet worden, dem großen Star der vergangenen sechs Jahre, der bei Alba wegen seiner 37 Jahre ausgemustert wurde. Doch Lollis ist kein neuer Alexis. Sein Spiel ist nicht von Eleganz, sondern von Kraft und Schnelligkeit geprägt, im Gegensatz zu seinem Vorgänger kann er nicht aus großer Distanz werfen. Sein Wirkungsbereich ist in Korbnähe, wo er, obwohl nur 2,00 Meter lang, immer wieder größeren Kontrahenten den Ball abnimmt. In der vergangenen Saison war er nach der Vorrunde der Euroleague der drittbeste Rebounder aller Klubs.

Auf einem anderen Gebiet ist Lollis der genaue Gegensatz von Alexis, der aufgrund seiner Abgeklärtheit den Spitznamen Iceman verpasst bekam: Lollis lächelt fast immer. „Er ist sehr offen, auch als Mensch“, sagt Nationalspieler Jörg Lütcke. „Er ist selbstlos und opfert sich in jedem Spiel auf, es macht Spaß mit ihm“, lobt Henrik Rödl. Spaß hat auch Lollis oft, „zufrieden bin ich aber erst, wenn ich am Ende der Saison einen Pokal in der Hand habe.“ Dazu freilich muss Alba wesentlich besser spielen. Schon nach dem letzten Testspiel gegen Kaunas hatte Lollis erkannt, woran es noch fehlt: Besser kennenlernen müsste sich die Mannschaft – und nicht nur, was Wege von Füßen und Ball betrifft. Auch Stimmungen gilt es richtig einzuschätzen. „Wir müssen erkennen, wann der Mitspieler auf dem Feld ärgerlich ist und wann nicht“. Das zumindest dürfte beim Debakel gegen Efes kein Problem gewesen sein.

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